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E-MobilitätChancen und Herausforderungen für den Klinikeinkauf?

Das Ergebnis des Projekts ist durchwachsen: Der reine E-Lkw kann durch die Reichweiten-Einschränkung für bestimmte Touren nicht zur Verfügung stehen. Grundvoraussetzung für den Einsatz ist eine Software-gestützte, dynamische Tourenplanung inklusive eines speziellen Navigationssystems mit Einbindung des Batterie-Ladezustands.

Probleme mit der Reichweite

Selbst wenn es eine entsprechend große Flotte von E-Lkw und E-Transportern geben wird, gibt es ein weiteres Problem: die Reichweite! Entweder kehren die Fahrzeuge zum Aufladen der Akkus regelmäßig auf ihre Betriebshöfe oder Firmengelände zurück; oder sie laden an der Ablieferstelle. Hier können die Krankenhäuser und Kliniken ins Spiel kommen.

Im Jahr 2021 gibt es nur an 2782 der 1 9143 deutschen Krankenhäusern überhaupt die Möglichkeit zum Laden von E-Fahrzeugen. An den 278 Einrichtungen befinden sich insgesamt 889 Ladepunkte mit folgenden Spezifikationen: 683 × Typ 2 Dose, 70 × Schuko, 51 × Typ 2 Stecker, 25 × CHAdeMO, 24 × Combo Typ 2 (CCS) EU. Alle Ladepunkte befinden sich nur in öffentlichen Parkplatzbereichen sowie auf Mitarbeiter-Stellplätzen; nicht aber in Wirtschaftshöfen oder an Abladestellen.

Hier gab es aus dem Umfeld der Logistik-Unternehmen Äußerungen, die zu einer gewissen Anspannung bei den Krankenhaus-Verantwortlichen führt: „Wenn Du eine Ladesäule an der Abladestelle hast, kommen wir zuerst zu Dir. Und wenn die auch noch kostenlos ist, werden wir Dich immer zuerst beliefern! Anderenfalls werden wir schauen müssen…!“

Das kann für Kliniken und Krankenhäuser, insbesondere in ländlichen Bereich interessant, aber auch existenziell sowie sehr kostentreibend sein. Denn der Aufbau einer Ladestelle für Lastkraftwagen und Transporter ist nicht gleichzusetzen mit den Pkw-Ladesäulen. Es ergeben sich vorab im Planungsbereich eine große Anzahl von Fragen: Gleichstrom oder Wechselstrom? Welche maximale Stromstärke und welche maximale Ladeleistung können wir anbieten? Welche Stromversorgung stellt unser Stromversorger bzw. Energiedienstleister zur Verfügung? Setzen wir auf die Wallbox oder die Ladesäule oder eine Schnellladestation? Welche Stecker werden wir benötigen? Wie lange wird der Lieferant an der Säule für den Ladevorgang stehen? Was passiert außerhalb von Anlieferzeiten bzw. nach Dienstende? Für wen wird die Ladestelle überhaupt zugänglich sein (müssen)? Die finale Frage ist aber natürlich die Kosten-Frage: Wie hoch werden die einmaligen Investitions und Beschaffungskosten abzüglich von Fördergeldern sein und wie hoch werden die jährlichen Betriebs und Unterhaltskosten ausfallen? Werden sich die Investitionskosten überhaupt rentieren, und wenn ja, nach welcher Laufzeit?

Investitions und Betriebskosten

Eine erste Einschätzung dazu gibt in der Publikation „E-Laden von Flotten, Ein Kompendium für den Aufbau einer E-Ladeinfrastruktur in Unternehmen, Version 1.0 Dezember 2018“ der Volkswagen AG, Group Fleet International (Dez.2018). Für das Laden von E-Lkw und E-Transportern wäre eine Schnellladestation zielführend. Somit würde, im Rahmen der örtlichen Gegebenheiten, technischen Anforderungen sowie bautechnischen und baurechtlichen Grundlagen, mindestens 115 000 Euro Investitionskosten pro Schnellladestation entstehen, aktuell teils ohne bzw. nur mit minimaler Förderung. Hinzu kommen jährliche Betriebskosten von rund 2 000 Euro. Bisher ungeklärt ist auch die Möglichkeit des Bezahlvorgangs, falls sich die Einrichtung für ein kostenpflichtiges Ladesystem entschieden hat.

Der Verband der Automolindustrie (VDA) hat sich ebenfalls mit der Thematik befasst und hat eine Studie zur Verfügbarkeit von Antriebsarten bei Serienfahrzeugen in Auftrag gegeben. Das Ergebnis ist für viele Vertretende des vollständigen Verbrennungsmotor-Verbots ernüchternd: E-Mobilität ist kaum berücksichtigt; eher sehen die VDA-Mitglieder die Zukunft schwerer Fahrzeuge oberhalb der Pkw-Gewichtsklasse bei der Wasserstoff-Technologie sowie Hybrid-Lösungen. Gerade hier besteht aber ein Investitionsstau aufgrund einer Fokussierung auf die E-Mobilität bei der Weiterentwicklung von Wasserstoff und anderen Hybrid-Lösungen sowie deren Lade und Versorgungsstrukturen.

Gesundheitseinrichtungen werden Kosten tragen müssen

Nichtsdestotrotz: Die Kosten für E-Mobilität sowie andere alternative Antriebslösungen (z. B. Wasserstoff-Antrieb) wird kein Hersteller oder Käufer, z. B. Logistiker, nur selbst tragen. Diese Zusatzkosten werden umgelegt. Die Kostenumlage wird auf verschiedenen Wegen erfolgen: Der Logistiker stellt seinen Mehraufwand dem Auftraggeber (= Lieferanten) in Rechnung. Der Lieferant/Hersteller wird bei seiner Kalkulation diese Mehrkosten natürlich auf den Verkaufspreis seines Produktes gegenüber dem Beschaffer (=Einkäufer) im Krankenhaus aufschlagen. Offiziell hat das bisher kein einziger Lieferant auf Anfrage bestätigen wollen; allerdings auch nicht ausschließen können. Dass diese Kosten-Anpassungen, insbesondere die Erhöhungen von Frachtkosten passieren, ist den meisten Einkäufern und Logistikern bei Import-Produkten aus Fernost mit Schiffs-Containern allgegenwärtig.

So werden höchstwahrscheinlich diese Mehrkosten für eine klimaneutrale und schadstoffarme E-Mobilität-Zukunft wieder beim Endkunden landen und somit auch durch Einrichtungen des Gesundheitswesens bezahlt werden (müssen). E-Mobilität ist damit eine mögliche Chance für das Klima; aber auch eine große finanzielle Herausforderung für Krankenhäuser.

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femak e. V.

Der Fachverband für Einkäufer, Materialwirtschaftler und Logistiker im Krankenhaus e.V., femak, ist der Zusammenschluss von Mitarbeitern/Innen, die in den Bereichen der Versorgung in den Einrichtungen des Gesundheitswesens tätig sind. Dabei verstehen wir den Leitgedanken Wissen vernetzt sowohl als aktive Aufgabe unseres Verbandes, wie auch als Konsequenz, die sich aus dem Zusammenwirken aller Beteiligten ergibt.