Klinik-Einkauf BlogLangsamere Preisanstiege - entspanntere Einkaufssituation?

Die Erzeugerpreise stiegen in den letzten Jahren massiv an. In diesem Jahr verlangsamte sich der Anstieg – und ging für einige Produkte sogar zurück. Nun ist es an der Zeit, die Verhandlungsstrategie im Einkauf zu überdenken. 

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Zunächst einige positive Nachrichten: Destatis berichtete im Juni, dass sich der Preisanstieg für Erzeugerpreise verlangsamt und für einige Produkte die Preise sogar zurückgehen.

Die Grafik zeigt wie massiv der Anstieg des Erzeugerpreises in den letzten Jahren war. Klar hat das bedeutet, dass auch die Preise für alle eure Produkte sich verändert haben.

Erzeugerpreise Destatis
Statistisches Bundesamt (Destatis)
Übersicht der Erzeugerpreise

Jetzt ist der Zeitpunkt gezielt über eure Verhandlungsstrategie nachzudenken und die aktuelle Entspannung in einigen Segmenten für euch zu nutzen.

Ein gutes Instrument für die Vorbereitung kann die Preisstrukturanalyse sein. Uns ist klar, dass diese etwas aufwendig ist und sicher nicht für jedes Produkt durchführbar. Überlegt genau in welcher Reihenfolge ihr euch welche Produkte vornehmt, um sicherzustellen, dass eure Zeit sinnvoll investiert ist.

Wie funktioniert eine Preisstrukturanalyse? 

Die Preisstrukturanalyse befasst sich mit den einzelnen Kostenbestandteilen eines Produktes/Dienstleistung und versucht, die tatsächlichen Kosten des Lieferanten so genau wie möglich nachzukalkulieren, um die einzelnen Kosten und die Gewinnmarge auszuweisen. Ihr müsst also versuchen rauszufinden, aus welchen einzelnen Elementen sich der Preis zusammensetzt. Der Preis für Medizinprodukte setzt sich aus Einzel- und Gemeinkosten plus einem Gewinnaufschlag zusammen. 

Einzelkosten sind Kosten, die einem Produkt genau zugerechnet werden können. Gemeinkosten können dem einzelnen Produkt nicht genau zugeordnet werden zum Beispiel die Kosten für die Gebäude, wenn verschieden Produkte im gleichen Gebäude produziert werden. Ihr müsst also herausfinden, welche Einzelosten für das Produkt anfallen: Energie, Material, Lohn, Transport, Verpackung etc.

Viele Materialien kommen aus Asien zu uns. Ein relevanter Kostenfaktor für euer Lieferant sind also die Transportkosten, die er an euch im Gesamtpreis weitergibt. Interessant also zu wissen, dass aktuell die Transportkosten zurückgehen: 

  • Nationale und globale Frachten sind gegenüber dem Vorjahresquartal um 7,9 % zurückgegangen. Davon der Bereich See- und Küstenschifffahrt mit 47,3 % gegenüber dem Vorjahresquartal.
  • Auch die Frachten mit Speditionen verzeichneten Preisrückgänge um 1,4 %
  • Allerdings: Die Güterbeförderung im Eisenbahnverkehr stieg um 20,1 % sowie im Straßenverkehr um 12,2 % gegenüber dem Vorjahresquartal. (Quelle: Einkaufsmanager (32-33/2023))

Auch die Preise für Vorleistungsgüter sind um 2,7 % im Vergleich zum Vorjahr gesunken (Quelle: destatis). 

  • Der Preisrückgang im Vorjahresvergleich wurde vor allem durch die Preisentwicklung für Metalle verursacht. Diese waren 10,6 % billiger als im Juni 2022. Gegenüber dem Vormonat sanken die Metallpreise um 0,5 %. Roheisen, Stahl und Ferrolegierungen kosteten 17,6 % weniger als im Juni 2022.

Klar, dass auch die Kosten für viele Produkte im Krankenhaus beeinflusst, da Metalle für die Produktion benötigt werden. Kennst du die Einzelkosten, kannst du direkt mit dem Lieferanten sprechen, ob er die aktuellen Kostensenkungen an dich weitergibt. Aber denk dran: Ein Rückgang von 47% der Transportkosten kann keine 47% Reduktion des Gesamtpreises bedeuten.

Du musst versuchen, den Anteil der Kostenbestandteile am Produkt so genau wie möglich zu schätzen. Hier ein Beispiel aus unserem Buch Supply it: Der Praxisguide für Einkauf- und Logistik im Krankenhaus. 

Eine Klinik bezieht Schutzkittel zu 3 Euro pro Stück. Der Lieferant kündigt zum Jahreswechsel eine Erhöhung des Preises für den Schutzkittel um 15 %, d.h. einen neuen Einkaufspreis von 3,45 Euro pro Stück an. Der Lieferant begründet dies mit den gestiegenen Kosten für Vlies am Rohstoffmarkt. Ihr stellt fest, dass der Rohstoffpreis um 15 % gestiegen ist. Eine Preiserhöhung um 15 % wäre dann gerechtfertigt, wenn die Kostenstruktur des Kittels zu 100 % aus Vlies besteht. In der Praxis sind für die Produktion eines Kittels aber weitere Kostenbestandteile wie: Löhne, Marketing, Transport. Energie etc. zu berücksichtigen. Auf Nachfrage teilt der Lieferant mit, dass der Vlies 85 % der Gesamtkosten ausmacht. Es ist damit lediglich eine Preisanpassung in Höhe von 12,6 % also 38 Cent gerechtfertigt.

Und wie immer gilt für Verhandlungen gilt: Bleibt fair, transparent und faktenbasiert miteinander! Wir von HealthCareBrain wünschen euch viel Erfolg.

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