EinkaufsgemeinschaftenDigitale Tools sind Must-have im Beschaffungsalltag

Einkaufsgemeinschaften bieten Krankenhäusern zahlreiche digitale Anwendungen, um ihre Aufgaben einfacher und übersichtlicher zu gestalten. Besonders wichtig ist dabei die Einhaltung der einheitlichen Branchenstandards – ein Überblick.

Diagramm-Auswertung
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Um die Digitalisierung in Deutschland steht es nicht gut. Im Index für digitale Wirtschaft und Gesellschaft der EU (DESI) 2022 belegte Deutschland gerade mal Platz 13. Wie es in den Kliniken des Landes aussieht, wird im DigitalRadar Krankenhaus erfasst. Der „Zwischenbericht mit den Ergebnissen der ersten nationalen Reifegradmessung deutscher Krankenhäuser“ gibt dazu einen Überblick: Der durchschnittliche DigitalRadar Score der Kliniken in Deutschland (DR-Score) liegt bei 33,3 von 100 möglichen Punkten.

Branchenstandards sind die Grundlage dafür, dass alle Player im Gesundheitswesen die gleiche Sprache sprechen und mit dem geringsten Aufwand den größten Benefit erzielen.

Aus der Sicht der Beschaffung ist dabei unter anderem die Dimension „Organisatorische Steuerung und Datenmanagement“ und „Strukturen und Systeme“ von Bedeutung. Sie beinhalten, dass digitale Technologien die übergeordneten strategischen Ziele der Einrichtung unterstützen, dass mithilfe von klinischen und administrativen Daten aus internen und externen Quellen der Krankenhausbetrieb überwacht wird und so auch frühzeitig Risiken erkannt bzw. notwendige Maßnahmen eingeleitet werden können sowie die Erfassung relevanter Kennzahlen zu Kapazität, Personal und Finanzen. Mit einem Erreichungsgrad von mindestens 30, höchstens 56 Prozent, ist die Digitalisierung in deutschen Krankenhäusern in diesem Bereich auf einem brauchbaren Weg.

HCDP für Hersteller, Lieferanten, Händler und Logistiker

Eine wichtige Basis für die Digitalisierung im Einkauf sind die Produkt- und Artikelstammdaten. Daher stellen die 5 Einkaufsgemeinschaften Prospitalia, P.E.G Einkaufs- und Betriebsgenossenschaft eG, Sana Einkauf & Logistik, Ekk plus und Ek Unico mit dem Healthcare Content Data Portal (HCDP) eine umfangreiche primäre Produkt- und Artikelstammdatenquelle zur Verfügung.

Der Standard ermöglicht Einkauf und Logistik im Krankenhaus maximale Interoperabilität und funktionierende Prozesse.

HCDP richtet sich an Hersteller, Lieferanten, Händler und Logistiker der beteiligten Einkaufsgemeinschaften (EKG). Ziel ist es, dass die EKG die Produkt- und Artikelstammdaten über ihre eigenen Systeme den angeschlossenen Einrichtungen zur Verfügung stellen können. Für den Onboarding-Prozess nehmen die EKGs Kontakt zu den Herstellern, Lieferanten oder Dienstleistern auf. Um den Stammdatenpool auf der Plattform Byrd im cloudbasierten Stammdatenpool der Bayard GmbH (Software-as-a-Service-Lösung, SaaS) hochzuladen, erhalten die Unternehmen jeweils einen kostenlosen Zugang.

„Im HCDP findet das Content Validation Network, COVIN, ein einheitliches Validierungsregelwerk für Stammdaten, unmittelbare Anwendung und stellt die derzeitigen Mindestanforderungen für Content-Qualität sicher“, erläutert Jens Kalecinski, Head of Professional Services & Content bei der Prospitalia einen Vorteil des HCDP. Dr. Axel Hoffmann, Leiter IT / Business Intelligence bei Ek-Unico ergänzt: „Die HCDP-Daten sind sowohl Quelle für Artikelneuanlagen als auch Vergleichsbasis für bereits angelegte Artikel, falls bei ihnen Änderungen oder Ergänzungen notwendig sind. Der im Ek-Unico-Berichtswesen integrierte Änderungsticker liefert den Universitätskliniken direkt lieferantenseitige Anpassungen der HCDP-Stammdaten – natürlich eingrenzbar auf die im eigenen System angelegten Stammdaten.“

Standards sind keine freundliche Empfehlung, sondern Pflichtprogramm

Das COVIN-Regelwerk wurde Anfang 2019 erstmals von den Einkaufsgemeinschaften veröffentlicht und soll als einheitlicher Branchenstandard die Qualität der von den Medizintechnikunternehmen bereitgestellten Produkt- und Artikelstammdaten verbessern. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt der 7 großen Einkaufsgemeinschaften im deutschen Gesundheitswesen, der Agkamed GmbH, Clinicpartner eG, Ek-Unico GmbH, P.E.G. Einkaufs- und Betriebsgenossenschaft eG, Dienstleistungs- und Einkaufsgemeinschaft Kommunaler Krankenhäuser (GDEKK), Prospitalia GmbH sowie der Sana Einkauf & Logistik GmbH.

Das COVIN-Regelwerk beinhaltet Prüfmethoden, die die Produkt- und Artikelstammdaten, die in das HCDP importiert werden, durchlaufen und bestehen müssen. „Branchenstandards sind die Grundlage dafür, dass alle Player im Gesundheitswesen die gleiche Sprache sprechen und mit dem geringsten Aufwand den größten Benefit erzielen. Weichen Organisationen von diesen ab, generieren sie unverhältnismäßig hohe Mehraufwände in der gesamten Prozesskette. Entsprechend sollten die Standards keine freundliche Empfehlung, sondern verpflichtend sein und im schlimmsten Fall sogar zum Ausschluss der Organisationen aus den Geschäftsprozessen führen“, stellt Jens Kalecinski die Situation klar.

Digitalisierung
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Damit das System funktioniert, sind aber nicht nur die Lieferanten in der Pflicht. Auch die Kliniken müssten sich an Standards halten. Denn jede Abweichung vom Standard verursache unnötige Mehraufwände, Fehler und somit Folgekosten. Und die Standardisierung hat für alle Beteiligten Vorteile: „Der Standard ermöglicht Einkauf und Logistik im Krankenhaus maximale Interoperabilität und funktionierende Prozesse“, erklärt Christopher Glogger, Leitung IT, Sana Einkauf & Logistik GmbH. „Anstatt in den Prozessen immer wieder Stammdateninkonsistenten zu behandeln, können sich die Akteure auf wesentliche Arbeiten fokussieren und die Digitalisierung gemeinsam vorantreiben“, hebt Dr. Axel Hoffmann hervor.

Digitalisierung schafft Transparenz

Die EKGs tragen auch über HCDP und COVIN hinaus in einem nicht unerheblichen Beitrag zur Digitalisierung in Beschaffung und Logistik der Kliniken bei. So stellt das Ek-Unico-Berichtswesen den Universitätskliniken verschiedene Funktionen zur Verfügung, die direkt in den Logistik- und Beschaffungsprozessen der Universitätskliniken Anwendung finden (siehe Tab. 1). Für eine nahtlose Integration in die Prozesse verfügt es durch regelmäßige, automatisierte Exporte bereits über die klinikeigenen Stamm- und Bewegungsdaten, sodass zum Zeitpunkt der Anwendung keine zusätzlichen Updates oder Mappings notwendig sind.

Die Prospitalia setzt im Bereich Digitalisierung auf das zentrale Tool „Prospitalia Cockpit“ (siehe Tab. 1), welches als erweiterbare und individualisierbare Software-Anwendung alle Daten an einer Stelle bündelt (Single Point of Information). Hier können die Anwender z. B. branchenrelevante Informationen und Berichte sowie Analysen auf Basis von Echtzeitinformationen abrufen. Das Cockpit umfasst zudem eine Kommunikationsplattform für den Austausch zwischen der EKG und den Vertragseinrichtungen sowie eines neuen Moduls zur digitalen Abwicklung von Konditionsvereinbarungen.

Anstatt in den Prozessen immer wieder Stammdateninkonsistenten zu behandeln, können sich die Akteure auf wesentliche Arbeiten fokussieren und die Digitalisierung gemeinsam vorantreiben.

Bei Sana Einkauf & Logistik bildet das Sana eOne Portal das Zentrum der digitalen Anwendungen. „Alle Waren-, Daten- und Kommunikationsströme werden in Verbindung mit E-Procurement-Plattformen unter dem Dach der E-Healthcare Supply Chain digital voran bewegt. Eigene Business-Intelligence-Tools vernetzen Produkt- und Leistungsdaten und sind die Grundlage für die Steuerung und das Controlling“, erläutert Glogger die Zusammenarbeit innerhalb der einzelnen Module bei Sana (siehe Tab. 1).

Grundsätzlich bietet die Digitalisierung den Mitarbeitern der Kliniken sowohl auf der Station als auch in Einkauf und Logistik eine höhere Transparenz. So können sie auf kurzfristige Änderungen schneller und effektiver reagieren und auch die Kosten besser im Blick behalten. Mit Wissens- und Informationsplattformen bleiben die Mitarbeiter auch bei Fachthemen auf dem neusten Stand.

Die IT-Lösungen der Einkaufsgemeinschaften bieten zahlreiche, teilweise auch unterschiedliche Möglichkeiten für die Kliniken. Den drei vorgestellten Einkaufsgemeinschaften gemein ist, dass sie sich für Standards und die Einhaltung des COVIN-Regelwerks stark machen. Denn nur auf Basis von gut gepflegten Stammdaten, kann die Digitalisierung ihr volles Potenzial entfalten.

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