
Ein widerstandsfähiges Gesundheitssystem, Verbesserungen der MDR und Digitalisierung forcieren — das sind Forderungen aus dem Positionspapier „Medizintechnik-Standort Europa stärken“ des Bundesverbands Medizintechnologie (BVMed). Es fasst anlässlich der Europawahl am 9. Juni fünf Kernthemen auf, unter anderem die Einführung eines neuen Ausschusses für Gesundheit.
Europa müsse Lehren aus der Corona-Pandemie ziehen, die Resilienz des Gesundheitssystems stärken und damit die medizinische Versorgung krisenfest gestalten. „Wir brauchen als MedTech-Branche vor allem einen einheitlichen regulatorischen Rahmen – ohne zusätzliche oder gar weitergehende Standards in den einzelnen Mitgliedsstaaten“, so BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll.
Wir brauchen als MedTech-Branche vor allem einen einheitlichen regulatorischen Rahmen.
Effizienter regulatorischer Rahmen für die MDR
Die EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) stößt immer wieder auf Kritik. Bereits im September veröffentlichte der BVMed gemeinsam mit dem VDGH ein Whitepaper mit Verbesserungsvorschlägen für die MDR und die In-vitro-Diagnostika-Verordnung (IVDR). Die MDR sei überbürokratisch und unzureichend, was zu Innovationshemmnissen führen würde. Nur eine Verbesserung könne sicherstellen, dass die Versorgung auf dem neuesten Stand bleibt und in Europa weiterhin geforscht und entwickelt werde.
Der BVMed fordert daher unter anderem die Abschaffung der fünfjährigen Re-Zertifizierungs-Pflicht, die Einführung eines Fast-Track-Verfahrens für innovative Produkte, Orphan Devices und Nischenprodukte, die Steigerung der Effizienz, der Transparenz und der Berechenbarkeit des MDR-Systems sowie die Zusammenführung der Verantwortung im System über eine zu schaffende Governance-Struktur. Doppelregulierungen müssten durch die Harmonisierung der Anforderungen in verschiedenen Rechtsakten verhindert werden.
Ökologisch, nachhaltig und patientenwohlorientiert handeln
„Die Medizintechnik-Branche ist sich ihrer Verantwortung gegenüber der Umwelt bewusst ihren Patient*innen“, heißt es in dem Positionspapier. Die Branche will deshalb Teil der Lösung sein und geht mit verschiedenen Projekten bereits in eine nachhaltige Zukunft voran. So spricht sich der Verband dafür aus, die Vorgaben des europäischen Green Deals am Wohl der Patient*innen auszurichten, denn neue oder geänderte Regulierungen dürften niemals die Versorgung gefährden. Da Produktänderungen zeit- und ressourcenintensiv sowie in der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) streng reguliert seien, benötigen umwelt- und nachhaltigkeitsbezogene Regulierungen, die Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung haben, angemessene Ausnahmeregelungen und Übergangsfristen.
Zudem fordert der Verband einen einheitlichen regulatorischen Rahmen ohne zusätzliche oder gar weitergehende Standards in den einzelnen Mitgliedsstaaten (Beispiel: Verpackungskennzeichnung).
Handel, Fachkräfte, Export
Tendenzen der Renationalisierung und des Protektionismus erschwerten Europa die Handelsbeziehungen mit Drittstaaten und sorgen für erhebliche Marktzugangshürden. „Eine offene Handelspolitik ist jedoch für die exportstarke Medizintechnik-Branche ein entscheidender Faktor. Damit die Industrie so stark bleibt, bedarf es zudem der Sicherung des nötigen Fachkräftebedarfes“, heißt es vom BVMed.
Daher werden unter anderem breitere (Freihandels-)Abkommen gefordert, die den Handel, den Zugang zu Fachkräften und die Zusammenarbeit in Forschung und Entwickeln fördern. Zudem sollten Maßnahmen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels über Ländergrenzen hinweg umgesetzt werden und der Kommissionsvorschlag, die Berichtspflichten der Unternehmen um 25 Prozent zu reduzieren, zeitnah umgesetzt werden.
Innovationen und Digitalisierung
Zudem will der deutsche MedTech-Verband Innovationen vorantreiben und Digitalisierung forcieren. Der Europäische Raum für Gesundheitsdaten (EHDS) lege die Grundlage für den Datenaustausch und die Datennutzung für Unternehmen. Der Artificial Intelligence Act (AI-Act) solle bessere Möglichkeiten für die KI-Entwicklung schaffen, bringe aber auch neue Pflichten für Medizinprodukte mit sich, die effizient mit der bestehenden MDR in Einklang gebracht werden müssten.
Der BVMed setzt sich für die Schaffung eines echten Binnenmarkts für digitale Gesundheitslösungen mit europaweiten Zulassungen und einheitlichen Standards für Datensicherheit aus. Der EHDS müsse allen Stakeholdern einen gleichberechtigten mit geringem bürokratischem Aufwand bieten. Außerdem müsste die Interoperabilität von Daten auf der Grundlage von international anerkannten Standards ausgebaut werden – „bei weitgehendem Verzicht auf nationale Besonderheiten bei Datenstandards“.
Resilientes Gesundheitssystem
Die Pandemie habe die Bedeutung einer resilienten Gesundheitsversorgung deutlich zu machen. Um das zu schaffen, fordert der BVMed attraktive Rahmenbedingungen für lokale Produktion und die Stärkung der Resilienz der Lieferketten. Eine „digitale Bestandsplattform für versorgungskritische Medizinprodukte und Arzneimittel“ könne zudem dazu beitragen, dass kritische Produkte uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Sinnvoll sei auch eine „Whitelist für kritische Rohstoffe unter dem Critical Raw Materials Act“. Bei der Erarbeitung von politischen Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz und Integrität von Lieferketten müssen alle relevanten Stakeholder einbezogen werden – „inklusive der Medizintechnikbranche“, heißt es im BVMed-Europapapier.
Das Positionspapier kann beim BVMed heruntergeladen werden.





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