MedizinprodukteverordnungKritische Bilanz nach zwei Jahren MDR

Die deutsche Industrie zieht nach zwei Jahren unter der Europäischen Medizinprodukteverordnung Bilanz: Umsetzungsprobleme und negative Auswirkungen auf die Innovationstätigkeit. Es wird ein Handeln der Politik gefordert.

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Eine neue Befragung zeichnet eine kritische Bilanz der letzten zwei Jahre seit Einführung der Medizinprodukteverordnung (MDR). Durchgeführt haben die Umfrage die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK), die MedicalMountains GmbH und der Industrieverband Spectaris.

Fast 400 deutsche Hersteller äußerten sich zu den Belastungen, die von der mangelnden Praxistauglichkeit der MDR hervorgerufen werden. Nach wie vor kämpfen fast alle der teilnehmenden Unternehmen mit Umsetzungsproblemen. Ein Großteil verzeichnet negative Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit sowie strukturelle Probleme in allen 21 abgefragten Anwendungsgebieten. In mehr als jedem zweiten Produktportfolio würden einzelne Produkte oder komplette Produktionen und Sortimente vom Markt genommen werden.

Nahezu alle Betriebe seien außerdem von hohen Kosten- und Bürokratiebelastungen betroffen. Allein der Mehraufwand zur Anpassung der technischen Dokumentation führe zu einer Kostensteigerung von 111 Prozent. Die für den Marktzugang erforderliche Zusammenarbeit mit den sogenannten „Benannten Stellen“ stoße laut Befragung ebenfalls auf erhebliche Hindernisse. Die Unternehmen verzeichnen durchschnittliche Kostensteigerungen von 124 Prozent bei Einbindung einer „Benannten Stelle“.

Vor allem Nischenprodukte mit einem kleinem Absatzmarkt könnten durch hohe Zertifizierungskosten nicht mehr wirtschaftlich vermarktet werden. In 91 Prozent der Fälle führe es dazu, sie vom EU-Markt nehmen zu müssen.

Appell an die Politik

Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer appelliert and die Politik, welche die Wettbewerbs- und Innovationskraft der Medizintechnikbranche stärker in den Blick nehmen müsse. Die EU sei nicht mehr unbestrittene Nummer 1 bei Neuzulassungen, was zu gesellschaftlichen Debatten führe.

Auch Martin Leonhard, Vorsitzender der Medizintechnik bei Spectaris betont den offensichtlichen Notstand der Unternehmen und verdeutlicht Deutschlands Rolle im internationalen Wettbewerb. Bereits 58 Prozent der Unternehmen weiche beim Vertrieb der Produkte auf andere Märkte aus. Vor allem der US-amerikanische Markt biete mit schnellen Zulassungsverfahren, planbaren Kosten und verlässlichen regulatorische Anforderungen bessere Bedingungen. 

Besorgniserregend sei vor allem die Situation der vielen kleinen Unternehmen, die weniger finanzielle und personelle Ressourcen haben. „Unter dem Dauerdruck droht die mittelständisch geprägte Branche von der Basis her zu erodieren“, so Achim Dercks. In der MDR werde zwar betont, dass auch die Belange kleinerer Unternehmen berücksichtigt werden müssen, die Realität zeige jedoch ein anderes Bild.

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