MedikamentenversorgungUniklinikum Erlangen implementiert Unit-Dose-System

Das Universitätsklinikum Erlangen führt als erstes bayerisches Uniklinikum das Unit-Dose-System zur patientenindividuellen Arzneimittelversorgung ein. Wie die Versorgung für 2000 Betten aussieht.

Arzneimittel
James Thew/stock.adobe.com
Symbolfoto

Für noch mehr Sicherheit in der Arzneimitteltherapie hat die Apotheke unter Chefapotheker Prof. Dr. Frank Dörje des Uniklinikums Erlangen jetzt das Unit-Dose-Konzept installiert – ein vollautomatisches Verpackungs- und Abgabesystem in der stationären Medikamentenversorgung. Mit der Einführung dieser innovativen Technologie schließt das Uniklinikum Erlangen als erstes der sechs bayerischen Uniklinika die letzte Lücke im sogenannten Closed-Loop-Medication-Management (CLMM), einem in sich geschlossenen digitalen Medikationsprozess für den stationären Bereich.  

Neben der Technologie ist die interprofessionelle Zusammenarbeit das A und O für ein funktionierendes Closed-Loop-Medication-Management.

Der CLMM-Kreislauf für stationäre Patientinnen und Patienten besteht aus insgesamt vier Schritten: „Auf Schritt eins – die elektronische ärztliche Verordnung eines Medikaments – folgt als zweiter Schritt dessen pharmazeutische Plausibilitätsprüfung etwa zu gegebenenfalls notwendigen Dosisanpassungen sowie zu eventuellen Wechselwirkungen oder Doppelverordnungen“, erläutert Prof. Dörje. Den dritten Schritt der CLMM-Schleife übernehmen am Uniklinikum Erlangen künftig die beiden neuen Unit-Dose-Automaten: Aus ihren Ausgabeschächten kommen in Form eines handlichen Blisterschlauchs Kapseln, Tabletten und Dragees – unverwechselbar verpackt und etikettiert.

Neben der verbesserten Arzneimitteltherapiesicherheit für Patientinnen und Patienten entlastet die neue digital gesteuerte automatisierte Medikamentenlogistik zusätzlich das Pflegepersonal auf den Stationen und übernimmt dessen aufwendige Arbeit, die Medikamente täglich von Hand zu stellen. „Im vierten und letzten Schritt händigen die Pflegefachkräfte die einzeln verpackten Medikamente an die Patientinnen und Patienten aus und dokumentieren dies elektronisch“, ergänzt Chefapotheker Frank Dörje. „Neben der Technologie ist die interprofessionelle Zusammenarbeit das A und O für ein funktionierendes Closed-Loop-Medication-Management.“ 

Individuelle Medikamentenversorgung für 2000 Betten

Nach dem Startbefehl am PC beginnt es im Inneren des etwa zwei Meter hohen weißen Unit-Dose-Automaten, in dem bis zu 320 verschiedene Standardmedikamente Platz finden, zu rattern. Wenige Augenblicke später gleitet aus dem Ausgabespalt der individuell bedruckte Blisterschlauch für „Testpatientin Andrea“ auf der Station B3-1 im Chirurgischen Zentrum des Uniklinikums Erlangen: zwei weiße Tabletten und eine gelbe Kapsel sind jeweils separat in durchsichtigen Tüten verschweißt.

Die beiden neuen Unit-Dose-Automaten bieten Raum für jeweils zehntausende einzelner Tabletten oder Kapseln.

Ein Barcode ergänzt das Datum und die Uhrzeit der Einnahme des Medikaments: Natriumhydrogencarbonat, 1 g, weiß, rund, einzunehmen am Mittwoch, 27. September 2023, um 12 Uhr, unabhängig vom Essen; zusätzlich lassen sich über einen QR-Code alle Informationen des zugehörigen Beipackzettels für die Arznei abrufen. „Die beiden neuen Unit-Dose-Automaten bieten Raum für jeweils zehntausende einzelner Tabletten oder Kapseln“, berichtet Dr. Tobias Borst, der in der Apotheke des Uniklinikums Erlangen die Installation der neuen Technologie leitet. „Ein Unit-Dose-Automat gibt etwa 60 Tüten pro Minute als Blisterschlauch aus. Insgesamt können wir mit den beiden Automaten etwa 2000 Patienten täglich mit Arzneimitteln versorgen.“

„Für jede Patientin und jeden Patienten einzeln verpacken die Automaten zuverlässig die ärztlich verordnete und pharmazeutisch geprüfte Medikation zu allen Einnahmezeitpunkten“, erklärt Prof. Dörje. „Anschließend erhalten die Pflegefachkräfte stationsweise die Blisterschläuche, um diese vor Ort richtig zuzuordnen.“ Vor der Ausgabe an die Stationen überprüfen Apothekerinnen und Apotheker mit einem optischen Kontrollgerät, ob alle Kapseln und Tabletten von den Automaten korrekt und unversehrt verpackt wurden. Eventuelle Fehler können manuell korrigiert werden.

Pilotphase mit drei Stationsteams

Um Platz für das neue System zu gewinnen, investierte das Uniklinikum Erlangen in eine umfangreiche Baumaßnahme im laufenden Betrieb. Chefapotheker Frank Dörje: „Um einen zusätzlichen Reinraum für die Aufstellung der beiden Automaten zu schaffen, wurde ein Areal im Erdgeschoss der Apotheke schrittweise geräumt und komplett umgebaut. Jetzt ermöglicht eine große Fensterfront den direkten Blick in den 60 Quadratmeter großen Reinraum und auf die Arbeitsplätze rund um das Unit-Dose-System.“

Nach der Evaluierung wird die automatisierte Arzneimittelversorgung dann ab Sommer 2024 schrittweise auf alle Normalstationen ausgeweitet.

Mitte Oktober 2023 startet die Pilotphase des neu installierten CLMMs auf gleich zwei Stationen in der Chirurgischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. Robert Grützmann) und anschließend auf einer weiteren Station in der Medizinischen Klinik 5 – Hämatologie und Internistische Onkologie (Direktor: Prof. Dr. Andreas Mackensen). „Dank der tatkräftigen Unterstützung durch die Pionierteams in den beiden Kliniken können wir in der Pilotphase insgesamt 90 Betten über das neue System versorgen“, berichtet Prof. Dörje. „Nach der Evaluierung der Ergebnisse von den Pilotstationen wird die automatisierte Arzneimittelversorgung über das Unit-Dose-System dann ab Sommer 2024 schrittweise auf alle Normalstationen des Uniklinikums Erlangen mit mehr als 1300 Patientenbetten ausgeweitet.“

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