EinkaufQuo vadis, Beschaffungsmanagement?

Regulatorische Eingriffe, Klimawandel und politische Entwicklungen: Das Beschaffungsmanagement der Krankenhäuser ist mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Doch wie kann man sie bewältigen?

Beschaffung Krankenhaus
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Herausforderungen im Beschaffungsmanagement diskutieren und Lösungen erarbeiten – das sind die Ziele des diesjährigen Beschaffungskongresses, der am 23. und 24. Mai in Berlin stattfindet. Die gesellschaftspolitischen, geopolitischen, ökonomischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für Entscheidungsträger in Institutionen des Gesundheitswesens haben sich in den letzten Jahren erheblich verändert. So hat der Gesetz- und Verordnungsgeber eine Reihe von regulierenden Eingriffen in beschaffungsrelevanten Bereichen des Gesundheitswesens durchgeführt: Sachkosten-Übervergütungsregelung, Abwertung mengenanfälliger Fallpauschalen, Medical Device Regulation, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und Krankenhauszukunftsgesetz stehen hier stellvertretend. Andererseits prägen drei extreme Ereignisse und Entwicklungen (sogenannte „Schwarze Schwan Phänomene“) die aktuelle Situation im Beschaffungsmanagement der Krankenhäuser: die Corona-Pandemie, der Klimawandel und die Ukraine-Krise. 

Lieferketten stärken

Die eine große Herausforderung des Beschaffungsmanagements der Krankenhäuser für die nächsten Jahre besteht darin, einerseits Lieferketten resilienter zu gestalten, um Lieferabrisse und Versorgungsengpässe zu vermeiden. Dabei ist klar, dass die Abkehr von dem bisherigen, über viele Jahre praktizierten betriebswirtschaftlichen Prinzip der „Economies of Scale“ in Verbindung mit einer preisorientierten Einkaufstrategie zugunsten eines wertorientierten Entscheidungsansatzes (Value-Based Health Care), der die Kriterien Patienten-Outcome, Liefersicherheit und geo-politische Stabilität als primäre Entscheidungskriterien bei der Auswahl von Medizinprodukten präferiert, mit höheren Kosten verbunden sein wird. 

Das bisher erfolgreich praktizierte Geschäftsmodell der internationalen Arbeitsteilung mit der deutschen Rolle als Exportweltmeister ist in einer geopolitisch unsicheren Welt nicht mehr alleinig erfolgversprechend. Wesentliche Wertschöpfungsanteile an internationalen Lieferketten werden aus Sicherheitsgründen zurückverlagert werden müssen, auch wenn dies allen ökonomischen Grundregeln einer globalen Arbeitsteilung widerspricht. Dies gilt insbesondere für eine Reihe systemkritischer Medizinprodukte und Arzneimittel. Um die Abhängigkeit von Rohstoffen zu vermindern sind der Umstieg auf Ersatztechnologien und die Erschließung neuer Bezugsquellen mögliche Optionen.

Beitrag zur Nachhaltigkeit

Die andere nicht minder große Herausforderung für das Beschaffungsmanagement erwächst aus den Verpflichtungen, die die politischen Entscheidungsträger im Hinblick auf die Erreichung ergeiziger Nachhaltigkeitsziele ausgerufen haben. Ressourcenschonender Einkauf, CO2-arme Logistik und klimafreundlicher Produktverbrauch werden die Beschaffungsmanager fordern. Schließlich ist der Gesundheitssektor mit einem jährlichen Ausstoß von zirka 58 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten für etwa 5,2 Prozent der deutschen Treibhausemissionen ursächlich. Dabei sind Krankenhäuser als wesentliche CO2-Emitenten identifiziert und von daher verpflichtet, wirksame Beiträge zu den Klimazielen der EU zu erbringen. 
 
Viele Entscheidungsträger in Einkauf und Logistik sind unsicher im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Neben zunehmenden pandemischen Phänomenen, Klimawandel und Migrationsdruck sorgen geostrategische Konfrontationen zwischen China, Russland und Indien auf der einen Seite sowie USA, Europa und Australien auf der anderen für Unruhe.

Vor diesem Hintergrund müssen sich die Entscheider im Beschaffungsmanagement der Krankenhäuser, der Medizinindustrie, des Medizinhandels und der Einkaufsgemeinschaften auf ungewohnte Herausforderungen einstellen. Regulatorische Eingriffe des Staates, Fachkräftemangel, Lieferabrisse bei Medikamenten und Medizinprodukten in Verbindung mit einer zunehmenden Anfälligkeit globaler Lieferketten treffen auf eine Digitalisierungslücke, eine marode Verkehrsinfrastruktur und ein unterfinanziertes Gesundheitssystem. 

Alle diese Herausforderungen und Perspektiven werden auf dem 13. Beschaffungskongress der Krankenhäuser unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff im Dialog zwischen Einkaufs- und Logistikexperten aus Krankenhäusern, Vertretern der Medizinindustrie und von Einkaufsgemeinschaften sowie wissenschaftlichen Fachexperten mit dem Ziel der Formulierung eines konkreten Aktionsplans diskutiert. Der Kongress findet am 23. und 24. Mai in Berlin statt.
 

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