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Im Gespräch mit Stefan KrojerWas können Kliniken bei Lieferengpässen im Einkauf tun?

Was raten sie anderen Kliniken, die ebenfalls in dieser Situation sind?

Zunächst gilt es, die Situation möglichst schnell dem Zentraleinkauf bzw. der Einkaufsgemeinschaft zu melden – in der Hoffnung, dass auch andere Kliniken dieses Problem haben – und dann mit dieser größeren Marktmacht an den Lieferanten heranzutreten, um zu versuchen, dass doch noch eine Belieferung stattfindet. Falls das nicht klappt, sollte man sich vom Bestandslieferanten tagesaktuelle Produktlisten über den Status der Verfügbarkeit geben lassen und parallel möglichst zeitnah Alternativlieferanten identifizieren.

Zweitens sollten Kliniken unabhängig von der Einkaufsgemeinschaft auch selbst Lieferanten suchen und ihre Beziehungen ausnutzen. So konnte eines unserer Krankenhäuser aufgrund dieser guten Beziehung von einer anderen Firma beliefert werden, obwohl jener Anbieter eigentlich nur ihre Bestandskunden mit Wunddrainagen versorgt. Unsere Krankenhäuser werden zukünftig Wunddrainagen von einem mittelständischen Familienunternehmen beziehen. Dies ist ein gemeinsamer Beschluss mit unserer Einkaufsgemeinschaft.

Werden solche Lieferengpässe in Zukunft öfter vorkommen?

Vor dem Hintergrund der knappen Ressourcen in deutschen Krankenhäusern ist es so, dass sie ihre Lager nicht mehr unendlich aufpumpen können – und das gilt auch für die Lieferanten. Durch die immer globaleren Märkte, der neuen EU-Medizinprodukteverordnung und dem Margendruck der Lieferanten wird das Problem zunehmend signifikant. Vor allem bei Firmen, die international aufgestellt sind und hierzulande solche hohen Marktanteile haben.

Damit werden die Themen Logistik und Versorgungssicherheit für Kliniken wirklich überlebenswichtig. Bisher dachte man, dass so etwas relativ reibungslos funktioniert und hat sich auf die Optimierung der internen Prozessabläufe konzentriert. Da haben die Kliniken sicherlich noch viele Hausausgaben zu erledigen. Aber derzeit kommen wir nicht dazu, weil wir erstmal für unsere Versorgungssicherheit sorgen müssen. Das ist im Prinzip so wie ein Hurrikan in den USA. Er kommt auf jeden Fall, man weiß nur nicht genau wann und bei welchem Produkt.

Was können Krankenhäuser denn präventiv tun?

Der Knackpunkt ist hier, schnell an solche Informationen heranzukommen und sie zeitnah zu verbreiten. Etwa über Plattformen oder eine Einkaufsgemeinschaft, die diese Information im Intranet schnell zur Verfügung stellt – oder noch besser direkt ins SAP-System der Klinik, um die Bedarfsplanung und Disposition schnittstellenfrei zu managen. Für den Krisenfall sollte man auch genau festlegen, wie Kliniken und Einkaufsgemeinschaften im Einzelnen reagieren müssen. Und zweitens muss man mit den Lieferanten zunehmend auch bidirektionale Abnahmevereinbarungen vertraglich festzurren, und zwar inklusive einer Klausel zum Thema Deckungskäufe. Das verpflichtet den Lieferanten, die Kosten für den Lieferausfall und den teureren Vertrag mit dem – hoffentlich gefundenen – Alternativlieferanten zu begleichen. Eine weitere Gegenstrategie ist das Thema Global Sourcing.

In der Vergangenheit war es für Krankenhäuser zu aufwendig, einen Hersteller in China zu kontaktieren. Angesichts eines drohenden Stillstands des OP-Betriebes ist das zukünftig aber durchaus ein Thema. Zu diskutieren wäre auch, ob wir nicht etwa gesetzliche Vorschriften, ähnlich wie bei der Arzneimittelversorgung, brauchen. Dort regelt das BfArM (BRD) oder FDA (USA) Bestandsreserven für Anbieter und zentrale Meldeportale für Lieferabrisse. Nicht zuletzt sollten die Kliniken die Dinge selbst in die Hand nehmen und über einen Shared Economy Ansatz nachdenken, bei dem sich die Kliniken über ein eigenes Informations- und Versorgungsnetzwerk selbst aushelfen können.

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