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TransformationDigitalisierung und Automation in der Pflegelogistik

Pflegearbeit ist Laufarbeit

Betrachtet man die aktuelle Ausgestaltung der Tätigkeiten von Pflegekräften im Krankenhauswesen, so wird deutlich, dass diese ein breites Spektrum an Ausprägungen und Spezialisierungen aufweisen. Ausgehend von der Zielsetzung, dass die Pflegekräfte neben körpernahen Pflegetätigkeiten, komplexem und spezialisiertem pflegerischem Handeln auch qualifizierte Tätigkeiten im Rahmen der Mitwirkung bei ärztlicher Diagnostik und Therapie erbringen, wird der pflegerische Alltag noch stark durch professionsfremde Tätigkeiten dominiert. Zu den professionsfremden Tätigkeiten in der Pflege zählen u. a. Reinigungsaktivitäten, hauswirtschaftliche Tätigkeiten, Bestell-, Transport und Einlagerungsdienste von Ge und Verbrauchsgütern sowie Such-, Hol und Bringe-Aktivitäten.

Hieraus ergibt sich ein entsprechend hoher Anteil an Bewegungs- und Laufleistungen, die sowohl zu einer physischen als auch zu einer entsprechenden psychischen Belastung führen. Ziel muss es daher sein, durch die gezielte Entlastung der Pflegekräfte von professionsfremden Tätigkeiten sowie durch die verbesserte Disposition der Pflegelogistik, u. a. die knappen Pflegeressourcen zielgerichteter einzusetzen sowie die Arbeitszufriedenheit der Pflegekräfte zu verbessern.

Pflegearbeit wird Technikarbeit

Aufgrund der bestehenden Herausforderungen wurde und wird auch im Pflegebereich bereits der Technikeinsatz etabliert, sodass sich dieser zunehmend zu einem soziotechnischen Ensemble entwickelt. Dieses umfasst u. a. technische Teilkomponenten wie Hebe und Tragehilfen (z.B. hydraulisches Krankenhausbett, Patientenlifter), mobile und digitale Dokumentationssysteme (z.B. Stationspflegewagen, elektronische Fieberkurve) sowie unterschiedliche medizintechnische Ge und Verbrauchsmittel (z.B. Infusionsgeräte, arterielle Zugangssysteme). Ein weiterer Ansatz zur Verbesserung der aktuellen Situation ist in der Regel der Ruf nach mehr Mitarbeitern. Dies ist jedoch allein schon aufgrund des allgemeinen Mangels an Pflegekräften selten realisierbar. Daher wird zunehmend auf Optimierungsansätze wie Transparenzschaffung, Prozessvisualisierung und Mitarbeiterqualifikation gesetzt.

Ferner werden durch eine qualifiziertere Disposition eine verbesserte Kommunikation, Koordination und Kooperation zwischen den unterschiedlichen involvierten Akteuren angestrebt. Darüber hinaus bieten die verstärkte Digitalisierung und Automation im Rahmen bzw. zur Unterstützung der Pflegetätigkeiten die Möglichkeit der Sicherstellung und Verbesserung der Pflegeleistungen im Krankenhaus. Dabei reicht das Spektrum von der Nutzung von PCs, Tablets und Mobil Devices über App und Software-Einsatz sowie Avatar-, Sensorik und Sprachsteuerung bis hin zu autonomen Systemen und sozial assistierende Robotik (SAR).

Prozess Re-Design und digitale Transformation

Betrachtet man die aktuell noch stark analog basierten sowie durch menschliche Arbeitsleistung dominierten Pflegetätigkeiten und -prozesse, so wird insbesondere im branchenübergreifenden Vergleich deutlich, dass hier noch vielfältige Verbesserungspotenziale (z.B. abgestimmte Schnittstellen, automatisierte Dokumentation, kombinierte Mensch-Mensch-Maschinen-Interaktion) schlummern. Anhand der Service-Blueprint-basierten Wertstromanalyse der Nachtschicht im Krankenhaus wird deutlich, dass die Lösungsansätze sich nicht auf einzelne Aktivitäten, Bereiche oder Professionen konzentrieren, sondern dass diese sich über das gesamte vielschichtige System bzw. die komplexen Prozesse verteilen.

Es gilt daher, den digitalen Wandel, d. h. den umfassenden und mehrwertstiftenden Einsatz von Technologien, über eine nachhaltige Neugestaltung der Führungs-, Geschäfts und Unterstützungsprozesse zu realisieren. Hierzu ist es erforderlich die Prozessumgestaltung (z.B. mittels Lean Hospital Management) grundsätzlich und umfassend zu gestalten, wobei es nicht darum geht die Pflegekräfte zu ersetzen, sondern vielmehr diese in ihrer professionsbezogenen Arbeit entsprechend zu unterstützen.

Smart Hospital Nursing

Knappe Ressourcen, veränderte Anforderungen und steigende Arbeitsbelastung in der Krankenhauspflege erfordern neue Handlungs und Gestaltungsansätze. Es gilt Maßnahmen und Initiativen zu setzen, die die Krankenhauspflege spezialisierter, intelligenter und patienten- sowie mitarbeiter-orientierter ausgestaltet.

Hierzu bieten Digitalisierung und Automation sowie der verstärkte Robotik-Einsatz die Möglichkeit über Kommunikations und Interaktionstechnologien (z.B. Sprachsteuerung), physische und kognitive Assistenzsysteme (z.B. intelligente Pflegebetten, VR-Brillen) sowie digitale Dokumentation und Monitoring (z.B. digitale Dienstplangestaltung, digital Health) und mobile Robotik (z.B. Search and Rescue, Desinfektionsroboter) die Pflegekräfte nicht nur von professionsfremden, monotonen und belastenden Tätigkeiten zu entlasten, sondern auch die unterschiedlichen Berufsbilder und Tätigkeiten mittels anspruchsvollem und ausdifferenziertem Technologieeinsatz aufzuwerten.

Dieser Artikel erschien in der Klinik Einkauf Ausgabe 5/21.

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