ForschungsprojektKünstliche Intelligenz verbessert Transportdisposition

Mithilfe maschinellen Lernens und KI konnte im Bereich der Leerwegminimierung, der Auftragspünktlichkeit und dem Auslastungsgrad der Transporte verbessert werden. Die Vorhersage zu Notfall- und Nicht-Notfallaufträgen spielte eine wichtige Rolle.

Transportdisposition
Kirsten Oborny/Thieme
Mithilfe von KI können Transportaufträge optimiert werden.

Der Einsatz und die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz sind in aller Munde. Wie kann künstliche Intelligenz die Logistik, speziell die Transportdisposition von Material- und Patiententransporten im Krankenhaus verbessern? Dies war die leitende Forschungsthese des seit März 2020 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsvorhaben „Künstliche Intelligenz zur Prognose und Steuerung in der Krankenhaus-Transportdisposition – KIK_Dispo“. Das Forschungsvorhaben ist mittlerweile abgeschlossen und es kann über Erfahrungen, Ergebnisse, aber auch über Aussicht und mögliche Verwertung der Ergebnisse berichtet werden.

Strukturelle Veränderungen sind für eine steigende Anzahl von Material- und Patiententransporten im Krankenhaus verantwortlich. In diesem Zusammenhang wächst die Bedeutung einer effizienten Krankenhaus-Transportdisposition, denn die Optimierung der logistischen Prozesse ist für ein Krankenhaus zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden.

Die Problematik liegt in der Vielzahl der zu steuernden Transporten zur Ver- und Entsorgung sowie Patiententransporte, die meist von mehreren Personalgruppen ausgeführt werden. Zusätzlich zum täglichen Routinegeschäft der Regeltransporte besteht ein Großteil der Transportaufträge aus Sondertransporten, welche ad hoc abgewickelt werden müssen.

Beispieltouren Transportsdisposition
Fraunhofer IML
Abb.1: Beispieltouren basierend auf manueller Planung ohne Distanzinformationen und automatischer Planung mit Distanzinformationen.

Bisher ist die Koordination der Transportlogistik in Krankenhäusern noch oft manuelle Menschenarbeit und die Aufgaben werden manuell den verschiedenen Mitarbeiter bzw. Transporteuren zugeteilt. Dies resultiert in einer nicht-optimalen Aufgabenverteilung (bzgl. der Transportwege oder Kosten). Teilweise werden auch automatisierte, computer-gesteuerte Aufgabenverteilungen benutzt – eine Dispositionsautomatik, welche anhand von mathematischen Regeln Transporte disponiert.

Automatisierungsansätze bisher nicht ausgereift

Die bisherigen Automatisierungsansätze basieren aber hauptsächlich darauf, welche Transport-Mitarbeiter grade frei sind, aber es werden keine oder nur ungenügende Informationen über Distanzen und Wegzeiten innerhalb des Krankenhauses bzw. des Geländes genutzt.

Das Gesamtziel des Vorhabens war die Entwicklung einer intelligenten, KI-gestützten Dispositionsautomatik durch Verfahren des maschinellen Lernens. Die intelligente Dispositionsautomatik soll aus vorangegangenen Transporten lernen, wechselnde Parameter erkennen, Entscheidungen zur Disposition selbst anpassen und treffen.

Die Disposition wird dadurch effizienter, die Transportanzahl bzw. -Zeiten sinken, Ressourcen werden intelligenter eingesetzt und Logistik- sowie Folgekosten werden reduziert. Zur Zielerreichung wurden zwei Komponenten, ein Scheduling-Verfahren und die Anwendung von Predictive Analytics, in die bestehende Software integriert.

Ablauf des Vorhabens

Nach einer eingehenden Analyse des Ist-Zustands, in der einerseits die Transportprozesse und die technischen Anforderungen sowie die zugrunde liegende Datenbasis seitens der Krankenhäuser analysiert wurden, schloss sich eine iterativ ablaufende Bearbeitung einer Konzeptphase mit parallel durchgeführter technischer Entwicklung zur Einbindung und Nutzung von künstlicher Intelligenz an.

Innerhalb dieser beiden wichtigen Phasen wurden die Aspekte der künstlichen Intelligenz durch Verfahren des maschinellen Lernens und Integration in Optimierungsalgorithmen konzeptionell erarbeitet, angepasst und im Rahmen der technischen Entwicklung von Softwarekomponenten im Bereich der Predictive Analytics sowie des Scheduling prototypisch umgesetzt. Die entwickelten prototypischen Module wurden im Rahmen von Tests und Simulationen im Vergleich zur derzeitigen Transportdisposition getestet. Hierbei zeigten sich signifikante Verbesserungen im Bereich der Leerwegminimierung, der Auftragspünktlichkeit und dem Auslastungsgrad der Transporttouren.

Vergleich KI-Vorhersage/tatsächliche Anzahl Transportdisposition
Fraunhofer IML
Abb. 2: Vergleich der KI-Vorhersage mit der tatsächlichen Anzahl an Nicht-Notfallaufträgen pro Stunde.

Technische Entwicklung und Umsetzung

Der erste Schritt in der technischen Umsetzung bestand darin, die Distanzen zwischen den verschiedenen Räumen im Krankenhaus zu berechnen. Diese Distanzinformationen lagen bisher nicht vor, waren jedoch von entscheidender Bedeutung für den weiteren Prozess. Mithilfe von maschinellem Lernen wurden für jede mögliche Kombination von Räumen im Krankenhaus intelligente Durchschnittswerte über die historischen Transportzeiten aus der bestehenden Transportdispositions-Software ermittelt. Dabei konnten mehrere Jahre an Transportdaten als Grundlage genutzt werden, um realistische Distanzen zu bestimmen.

Basierend auf den berechneten Krankenhausdistanzen wurde ein Optimierungsalgorithmus entwickelt, der automatisch alle im System eingehenden Transportaufträge disponiert. Notfallaufträge werden dabei stets sofort an freie Transporteure zugewiesen. Falls kein Transporteur frei ist, wird der nächstgelegene Transporteur für den Auftrag eingesetzt, wobei sein nächster geplanter Auftrag verschoben wird. Nicht-Notfallaufträge werden in regelmäßigen Planungsintervallen gebündelt eingeplant, wobei versucht wird, die Leerwegzeiten zwischen den Aufträgen zu minimieren. Die Leerwegzeit gibt an, wie lange ein Transporteur von Endpunkt eines Auftrags zum Startpunkt seines nächsten Auftrags benötigt.

Nach der Entwicklung des Optimierungsalgorithmus wurde dieser mithilfe von Predictive Analytics weiter verbessert. Dabei basierte die Optimierung auf einer präzisen KI-basierten Vorhersage der Anzahl von Notfall- und Nicht-Notfallaufträgen pro Stunde. Diese Vorhersagen ermöglichen es, in Zeiten mit erwartet vielen Notfällen Transporteure freizuhalten, um im Idealfall keine Aufträge verschieben zu müssen.

Ein Notfallauftrag, der zwischen gut geplanten Aufträgen eingeschoben wird, führt oft zu langen Leerwegzeiten. Andererseits kann die Vorhersage der Nicht-Notfallaufträge genutzt werden, um optimale Planungsintervalle zu bestimmen. Bei geringer Auftragsdichte lohnt es sich, längere Planungsintervalle zu nutzen, um Aufträge effizient zu kombinieren. Bei hoher Auftragsdichte hingegen sind kürzere Planungsintervalle sinnvoll, um eine zügige Planung zu gewährleisten und Verzögerungen durch zu lange Planungszeiten zu vermeiden. Die KI-basierte Vorhersage der erwarteten Aufträge ermöglicht es, die optimale Länge für jedes Planungsintervall zu bestimmen.

Ergebnisse Auswirkungen auf die Transportlogistik

Die technische Entwicklung und die anschließende Integration in die Softwareumgebung wurden mittels Simulationen anhand von Transport-Realdaten verschiedener Tage durchgeführt. Im Ergebnis zeigte sich im Vergleich der Transportdisposition mit historischen Daten ohne KI und der optimierten Transportdisposition mittels KI eine signifikante Verbesserung der Transport-Disposition (siehe Tab. 1).

Auswertung Transportdisposition
Fraunhofer IML
Tab. 1: Auswertung und Abgleich der Pilotphase anhand eines Beispieltages.

Das Ergebnis dieses Vergleichs mit der Ausgangssituation zeigt sich in Tabelle 1: Trotz der geringeren Anzahl von Transporteuren wurde durch den Einsatz der automatischen Disposition des KiK_Dispo-Projektes fast die gleiche Anzahl von Aufträgen erfolgreich abgeschlossen. In der Zusammenfassung der Ergebnisse wird ein weiterer Vorteil der Unterstützung durch künstliche Intelligenz im Bereich der Leerwegoptimierung deutlich.

Nicht nur die Priorisierung, sondern auch die optimierte Routenplanung führte zu einer Reduzierung der Mehraufwände der Leerwege zwischen den Transporten um 27,6 Prozent. Diese Entlastung seitens der Leerwege erhöhte das mögliche Transportvolumen von 1,65 auf 3,4 Transportaufträge pro Stunde.

Aussicht und Fazit

Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden signifikante Fortschritte bei der Optimierung von internen Transportprozessen in Krankenhäusern erzielt. Die Kernelemente des Projekts umfassten die Entwicklung präziserer Methoden zur Berechnung von Wegzeiten innerhalb des Krankenhauskomplexes, was eine grundlegende Voraussetzung für die Effizienzsteigerung darstellt. Durch die innovative Verknüpfung von Scheduling-Methoden und Predictive Analytics konnte eine deutlich verbesserte Auslastung der Transportdienste erreicht werden.

Diese Vorgehensweise ermöglicht eine dynamische Anpassung an den tatsächlichen Bedarf und reduziert so unnötige Wartezeiten und Wege der Transporteure. Ein wesentliches Ergebnis des Projekts ist die signifikante Verringerung von Leerwegzeiten, was zu einer effizienteren Ressourcennutzung und potenziellen Kosteneinsparungen führt. Die durchgeführten Untersuchungen zeigen deutlich, dass durch den Einsatz von KI und der intelligenten, periodischen Disposition von Normal- und Notfall-Transportaufträgen Verbesserungen hinsichtlich der genannten Kriterien wie Verringerung von Leerwegzeiten und einer verbesserten Ressourcennutzung erreicht werden können.

Die Resultate dieser Forschung bieten damit einen wertvollen Beitrag zur Steigerung der Prozesseffizienz in Gesundheitseinrichtungen und eine Grundlage für die Ausweitung des Einsatzes von künstlicher Intelligenz in der Krankenhauslogistik.

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