
Seit Juni 2020 werden pro Jahr rund 3,6 Millionen Instrumente aufbereitet, mit denen die täglich rund 90 operativen Eingriffe am Universitätsspital Zürich (USZ) durchgeführt werden. Durch moderne und auf Effizienz getrimmte Prozesse trägt die neue AEMP zur weiteren Steigerung der Patientensicherheit bei und ermöglicht es, nebst dem Kernareal in der Stadt Zürich zusätzlich auch das ambulante Gesundheitszentrum des USZ am Flughafen Kloten mit Sterilgütern zu versorgen.
Medizinproduktaufbereitung am USZ
Nach rund drei Jahren Planung, Simulation und Realisierung wurde im Rahmen des Projekts „AEMP2020“ eine der modernsten Anlagen für die Aufbereitung von Medizinprodukten in Betrieb genommen. Das USZ verfolgt mit diesem Ausbau unter anderem das Ziel, die Supportleistungen für den universitären Spitalbetrieb im externen Logistik- und Servicezentrum zu bündeln und zu kombinieren. Dadurch wird die Konfigurationsfähigkeit verschiedener Produktegruppen ausgebaut und eine zunehmend behandlungsorientierte Bereitstellung ermöglicht.
Die AEMP ist beispielsweise direkt an das automatisierte Kleinteilelager (AKL) des Zentrallagers angebunden, was die Pufferung und das gemeinsame Kommissionieren verschiedenster Warengruppen zulässt.
Mit den standardisierten Normbehältern der Logistik können ebenfalls sterile Medizinprodukte in Weichverpackungen mittels eigenentwickeltem Inlay, dem Lager- und Transportsystem für Sterilgüter (LTS), aufgenommen werden. Diese kleinteilige Transportform ermöglicht eine hohe Flexibilität in der Zustellung und die Kombination mit weiteren Produktgruppen. Dadurch wandelt sich die neue AEMP zu einem integralen Bestandteil einer standardisierten Spital-Vollversorgung.
Eine moderne Infrastruktur sowie industrialisierte Prozesse ermöglichen die Kompetenzen im Bereich der sterilen Aufbereitung weiterzuentwickeln und auszubauen. Dabei kann die AEMP auch in Zukunft noch weiter infrastrukturell und prozessual skaliert werden, um einerseits Nachfrageschwankungen abzufangen oder andererseits weitere Standorte bzw. Partner anzubinden. Eine gemeinsame Nutzung dieser Plattform, in einem zunehmend anspruchsvolleren regulatorischen Umfeld, ist ökonomisch für alle Beteiligten interessant. Nur ein Spital, welches Wachstum, Qualität und Kosten in Einklang hält, wird sich im Spital- und Gesundheitswesen behaupten und profitabel sein.
Interne Kundendienstleistungen
Die Inbetriebnahme der AEMP wurde gestaffelt geplant. Der Start erfolgte mit dem größten Nutzer, welcher als erstes komplett über die neuen AEMP beliefert und versorgt wurde. Parallel dazu lief die Aufbereitung in der alten ZSVA, am Campus des Universitätsspital Zürich weiter. Zwei Wochen später erfolgte die Umstellung für alle anderen OPs, Bereiche und Nutzer. Seit dem 21. Juni 2020 wird das USZ nur noch über die AEMP in Schlieren mit aufbereiteten Medizinprodukten versorgt.
Der Aufbereitungsprozess von Sterilgütern in der AEMP dauert im Minimum sechs Stunden und erfolgt auf Grundlage einer Softwarelösung, welche den ganzen Aufbereitungsprozess, wie auch das Instrumentenmanagement steuert und dokumentiert. Um einen reibungslosen und effizienten Sterilgut-Kreislauf sicherzustellen, konnten mittels bedarfsgerechter Aufbereitung und einer sog. dynamischen Priorisierung zum einen die Bedürfnisse des OP-Betriebs erfüllt werden, zum anderen aber hohe Investitionen in Instrumente vermieden werden. Dieser neu definierte Versorgungskreislauf sorgt für eine nachhaltige Verbesserung der Qualität der Versorgung von OPs, Bereichen und Nutzern und gleichzeitig für eine Reduktion der Produktionskosten je Sterilguteinheit. Als Rahmenbedingungen gelten dabei natürlich die Einhaltung definierter Qualitätsstandards und -anforderungen.
Qualitätsniveau und -standards
Um einem hohen Qualitätsniveau und höchsten Ansprüchen an die Versorgungssicherheit einer modernen AEMP gerecht zu werden, wurde bei der Planung der Fokus vor allem auf eine größtmögliche Betriebssicherheit gelegt. Dabei ging es nicht nur um die Prozesse im Logistik- und Servicezentrum, sondern auch um die Zusammenarbeit und das Zusammenspiel zwischen Kunde und der Logistik. Alle kritischen Prozesse sind mehrfach mit Redundanzen abgesichert und stellen auch bei einem Ausfall von wichtigen Systemen und Anlagen einen reibungslosen und unterbrechungsfreien Betrieb der AEMP sicher. Basis hierfür bildet ein Notstromaggregat, welches einen autonomen Betrieb des ganzen Logistik- und Servicezentrums von ca. 48 Stunden ermöglicht. Zudem gibt es zusammen mit anderen Kliniken Ausfallkonzepte, bei denen eine Aufbereitung außer Haus vorgesehen ist.
Das neue Betriebskonzept umfasst deutlich strengere Hygienevorschriften. So wurde das neue Bekleidungskonzept für die Mitarbeiter:innen konsequent auf industrielle Reinraumstandards ausgerichtet, welche sicherstellen, dass ein Kontaminationsrisiko minimal bleibt. Dennoch handelt es sich bei der speziellen Reinraumbekleidung um Mehrwegbekleidung, welche von der Zentralwäscherei Zürich (ZWZ), einem Partner des USZ und größten Wäschereibetrieb der Schweiz, wiederaufbereitet und direkt angeliefert wird.
Nebst der Betriebssicherheit wurden bei der Planung der AEMP aber auch ökologische Aspekte betrachtet. Dies ist insbesondere bei sehr energieintensiven Prozessen, wie z. B. der Dampfsterilisation entscheidend. Mit einem eigens für die neue AEMP entwickelten Dampfmanager wird für eine möglichst gleichmäßige und konstante Auslastung der Anlagen gesorgt und zu einem nachhaltigen Betrieb beigetragen.
Agile Prozesse in der Sterilgutversorgung
Die Dynamik im hektischen Spitalbetrieb ist groß und die Planbarkeit nicht immer gegeben. Deshalb ist ein agiles System, welches mit flexiblen Abläufen zeitnah auf Nachfrageschwankungen und Prozessstörungen reagieren kann, entscheidend. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um die Aufbereitung von Medizinprodukten außerhalb des Spitals zu gewährleisten.
Um jedoch einen effektiven und effizienten Aufbereitungsprozess zu gewährleisten, braucht die AEMP verschiedene Schnittstellen und informatische Unterstützung in der dynamischen Priorisierung der Aufbereitungsfolge. Dabei müssen nebst der Aufbereitung und dem Transport auch die Nutzer der aufbereiteten Medizinprodukte in den Gesamtprozess einer agilen Sterilgutversorgung eingebunden werden. Der eigentliche Aufbereitungsprozess ist dabei möglichst verschwendungsarm und replizierbar auszuführen. Dies wird mit Techniken aus dem „Lean-Management“ unterstützt. So führen die Teams täglich Kurzbesprechungen (shopfloor-meetings) durch, wo gemeinsam Prozesse, Qualität und Produktivität weiterentwickelt und an Fehlervermeidungsstrategien (Poka Yoke) gearbeitet wird. Die Nachlegereserve ist nach dem pull-gesteuerten Supermarktprinzip (Kanban) aufgebaut und ein eigener Lean-Manager AEMP sorgt für die Weiterentwicklung des Teams und der Prozesse. So kann trotz einem volatilen Umfeld ein wirtschaftlicher Aufbereitungsprozess ermöglicht werden.
Erschienen in Klinik Einkauf 5/20 Jetzt kaufen!




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