KrankenhausorganisationRevolution der Krankenhauslogistik durch 5G?

Die Implementierung der Mobilfunktechnologie 5G in der Krankenhauslogistik könnte eine dringend notwendige Infrastruktur schaffen, auf der eine Vielzahl von Endgeräten und Sensoren sicher vernetzbar sind. Ein Beitrag über Chancen und Hindernisse.

Digitale Transformation
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Der Begriff „Logistik“ wird im Krankenhaus thematisch gerne in einem Atemzug mit Materialwirtschaft genannt. Es entsteht bisweilen der Eindruck, als würde Krankenhauslogistik vor allem den Transport von Patientenbetten und medizinischem Verbrauchsmaterial betreffen. Doch diese Verengung ist bedenklich.

Logistik ist der Schlüssel zur effizienten Krankenhausorganisation

Tatsächlich ist Logistik ein eigenes Feld der Betriebswirtschaftslehre, das mit einem weiten Blick auf Planung, Steuerung, Durchführung und Optimierung von Güter-, Informations- und Personenströmen schaut. So gesehen ist Logistik ein Schlüssel zur effizienten Krankenhausorganisation: Es geht darum, a) die richtige Konfiguration aus Patienten, Behandlern und Geräten bzw. Materialien, b) zum richtigen Zeitpunkt und c) am richtigen Ort zusammenzuführen. Je besser das gelingt, desto effizienter kann ein Krankenhaus funktionieren – sowohl in Bezug auf die Versorgungsqualität als auch auf die Wirtschaftlichkeit.

Heute bleibt die Organisation von Krankenhäusern weit hinter diesem Anspruch zurück. Es mangelt nicht am Wollen, eher am Können: So lange Informationen in unterschiedlichen IT-Systemen erfasst und gespeichert werden, nicht zusammengeführt, noch analog auf Papierformularen gesteuert oder gar nicht erfasst werden, ist eine ganzheitliche Optimierung von Abläufen nicht umsetzbar. Hinzu kommt die Fragmentierung der Krankenhausorganisation in unterschiedliche Funktionsbereiche und Kliniken, die jeweils eigene Inseloptimierung betreiben und eine durchgängige Betrachtung des Krankenhauses als System erschweren. Der Handlungsdruck zur Digitalisierung der Krankenhausorganisation inklusive der Logistik steigt jedoch gleichzeitig.

Transparenz als Grundlage von Logistik

Eine Voraussetzung für die Steuerung und Optimierung von Systemen ist Transparenz über ihren Zustand und die Position bzw. Bewegung ihrer Elemente – ganz gleich, ob das Gegenstände, Informationen oder Personen sind. Was für Theoretiker und Planer für die Organisationsoptimierung wichtig scheint, erkennt der Praktiker im Gesundheitswesen als Unmöglichkeit.

In Krankenhäusern mit einer überwätigenden Anzahl an Gerätschaften und Gegenständen, festangestellten Mitarbeitern und Fremdfirmen, registrierten Patienten und nicht registrierten Besuchern einerseits, sowie gewachsener Bausubstanz, unterirdischen Verbindungsgängen, Bleiwänden und heterogenen IT-Systemen andererseits, scheinen Vollständigkeit in der Inventarisierung und das durchgängige Tracking von Positionen ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Bislang sind der Traum vom „Digitalen Zwilling“ eines Krankenhauses und die lückenlose Verfolgung von Assets reine Steuerungsphantasien und nicht realisierbar.

Die 5G-Technologie

So weit ist eine Herausforderung beschrieben, vor der nicht nur das Gesundheitswesen steht, sondern der sich auch andere Branchen stellen mussten. Mit dem Mobilfunkstandard 5G ist eine Technologie auf dem Markt verfügbar, die neue Möglichkeiten hinsichtlich der Vernetzung und Transparenz von Zuständen in digital-physischen Systemen eröffnet. Sie schafft eine infrastrukturelle Voraussetzung, auf deren Basis sich moderne Anwendungen erst realisieren lassen.

Diese Funknetze können als private Netze bzw. sogenannte Campus-Netze errichtet werden, es ist also möglich, dass Krankenhäuser ein eigenes Mobilfunknetz betreiben, ohne sich von Telekommunikationsanbietern oder Fremdfirmen abhängig zu machen. Dadurch lassen sich die Eigenschaften eines 5G-Netzes voll ausnutzen und in Eigenregie gestalten. Im Vergleich zu bisherigen 4G-Netzen stellt 5G eine deutliche Weiterentwicklung dar, insbesondere hinsichtlich der hohen Geschwindigkeit der Datenübertragung, geringer Latenzzeiten, der großen Anzahl anschließbarer Endgeräte je Antenne und einer hohen Sicherheit und Robustheit des Netzes.

  • Wie viele Patienten, Besucher und andere Personen befinden sich gerade wo im Gebäude und in welchen Funktionsabteilungen (Menge)?

  • Wo ist ein spezieller Patient / Mitarbeiter / Gerät / Fahrzeug (einzelnes Element)?

  • Wie kann die Gebäudetechnik in Abhängigkeit von äußeren Umwelteinflüssen (Sensorik) oder der feingranularen Nutzung im Gebäude (intelligente Lichtsteuerung) optimiert werden (IoT)?

  • Wie kann die Beleuchtung in Abhängigkeit vom Außenlicht angepasst werden?

  • Wie schnell bewegen sich Personen vor der Patientenanmeldung, im Wartebereich von Funktionsabteilungen oder auf öffentlichen Verkehrsflächen vor dem Krankenhaus?

Digitalisierung wirft neue Fragestellungen auf

Der Handlungsdruck zur Digitalisierung der Krankenhausorganisation inklusive der Logistik steigt. Auch das KHZG trägt dazu bei, indem nun die Pflege- und Behandlungsdokumentation digitalisiert wird und Leistungsanforderungen digital abgebildet werden. Was nun in der Dokumentation und mit den KIS-Systemen im Kern beginnt, wird sich auf die gesamte – auch nicht-klinische – Organisation des Krankenhauses ausbreiten und neue Fragen aufwerfen (siehe Kasten).

Die Motivation steigt, solche Daten zu erheben und zu verwerten: Personalnot und Kostendruck zwingen ganz naheliegend zur Effizienzsteigerung der Abläufe im Krankenhaus. Dabei geht es nicht nur darum, den manuellen Aufwand für Tätigkeiten zu reduzieren, es geht auch darum, moderne und attraktive Arbeitsumfelder zu schaffen, in denen Mitarbeiter sich auf das Wesentliche konzentrieren können.

Wichtig werden intelligente Steuerungen von Abläufen und Gebäuden auch durch die wachsende Bedeutung von ressourcenschonendem Wirtschaften und der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Wo große Krankenhausstandorte den Ressourcenverbrauch von kleinen Städten haben und die Finanzmittel knapp sind, bekommen Nachvollziehbarkeit von Prozessen und Optimierung von Abläufen eine essenzielle Bedeutung.

Die Revolution ist schon im Gange

Die Diskussion über die Veränderung der Funknetze in Krankenhäusern wird derzeit noch zu wenig mit Blick für das große Ganze geführt. Häufig vorgebracht werden rückwärtsgewandte Argumente, etwa „Wir haben doch noch nicht mal WLAN flächendeckend eingeführt“ oder „Unsere bestehenden Geräte können doch gar nicht über 5G kommunizieren“. Beides ist meist sogar zutreffend: Das KHZG hat durch die Förderung der digitalen Pflege- und Behandlungsdokumentation ein Schlaglicht darauf geworfen, dass Digitalisierung auch Verfügbarkeit von mobiler Netzverbindung erfordert und, dass die Innovations- und Produktionszyklen von Medizingeräten sich hinsichtlich der Konnektivität an etablierten Netzstandards und nicht an Zukunftstechnologien orientieren.

Doch das Abwarten im Krankenhausumfeld trügt, denn längst setzt sich 5G in der Produktions- und Logistikindustrie durch und auch im Consumer-Bereich ist es der Stand der Technik für Mobilfunkverbindungen. Krankenhäuser tun gut daran, ihre Neubeschaffungen jetzt schon mit Blick auf die Zukunft auszurichten. Lassen sich Geräte zukünftig auch über 5G vernetzen? Sichert der Hersteller entsprechende Erweiterungen zu? Ist 5G in der Produkt-Roadmap von Herstellern bereits vorhanden? Aber auch: Würden wir diese Beschaffung auch tätigen, wenn wir präzisere Einblicke hätten, wo sich Geräte im Haus befinden und wir sie sicher digital vernetzen könnten?

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Besonders wichtig ist die Betrachtung von 5G, wenn es um Neubauten oder Umbauten von Gebäuden geht. Hier kann die Funktechnologie eine ernstzunehmende Alternative zu WLAN darstellen, die handfeste Vorteile z.B. hinsichtlich der Investitionskosten und Zukunftssicherheit aber auch der Energiekosten bietet. Durch den zunehmenden Einsatz von Sensorik und Steuerelektronik werden Gebäude „intelligent“, die Anzahl von Geräten aber, die angebunden werden müssen, steigt rasant. Diese IoT-Revolution ist nur möglich, wenn eine mobile Netzinfrastruktur vorhanden ist, die mit der Anzahl der Endgeräte zurechtkommt und die Anforderungen an Datenmengen und Übertragungsgeschwindigkeiten bedienen kann.

Bei der Diskussion um den Bedarf und die Relevanz, sich heute im Krankenhauseinkauf mit 5G zu beschäftigen, wäre es deswegen ein Fehler, sich nur auf das Nahfeld und einzelne Beschaffungen zu konzentrieren. Es handelt sich um einen Investitionshorizont der nächsten fünf bis zehn Jahre, der heute schon betrachtet werden muss, um die Entwicklung der Anforderungen sowohl aus der Medizintechnik und der Gebäudetechnik als auch der Behandler und Patienten eines Krankenhauses zu antizipieren.

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