Warum sollen sie die Gremien nicht mal vorbereiten, dokumentieren und nachbereiten? Ein solches Vorgehen kann zu einer höheren Akzeptanz von Entscheidungen über den Produkteinsatz und möglichen Verhandlungsergebnissen beitragen. Durch einen Austausch mit Stationsmitarbeitern können Einkäufer von deren Kenntnissen und Erfahrungen profitieren. Um Prozesse und Abläufe zu verstehen, ist ein Basiswissen über Prävention, Diagnostik, Therapie, wichtige medizinische Fachdisziplinen und Krankheitsbilder sowie pflegerische Standards notwendig.
Ein bekanntes Manko bei Klinikeinkäufern ist das nicht ausreichende Wissen über die Handhabung von Medizinprodukten. Es gilt, ein Verständnis für leistungssensible und nicht-leistungssensible Produkte zu erlangen:Wie werden Medizinprodukte im täglichen Arbeitsablauf eingesetzt?Unabhängig von den qualitativen und wirtschaftlichen Kriterien eines Produktes: Worauf legen die Anwender beim Einsatz Wert? Beispiele reichen vom sterilen Öffnen der Verpackung über Klebeeigenschaften bis hin zu Kompatibilitäten mit anderen Produkten.
Einkauf erhält Einblick in Klinikalltag
Was heißt es, in der Neonatologie bei einem Frühchen von unter 1 000 Gramm einen Nabelkatheter zu legen? Wie wichtig sind dabei die Gleiteigenschaften dieses neonatologischen Katheters? Können das neue Produkt und der erforderliche Umstellungsaufwand zu Sicherheitsrisiken führen?Wie können die Umstellungskosten in Abhängigkeit von Kosteneinsparungen effizient bewertet werden? Alle diese Themen kann ein künftiger Einkäufer erst verstehen, wenn er einen Praxiseinsatz absolviert hat.
Folgende Stationen oder Organisationseinheiten sind im Rahmen eines vierwöchigen Onboardings zu empfehlen:
- Patientenaufnahme
- Notaufnahme/Rettungsstelle
- Zentral-OP und Anästhesie
- Intensivmedizin
- 1 bis 2 Pflegestationen (Akutmedizin und gegebenenfalls Geriatrie oder Palliativmedizin)
Mitunter muss ein Einkäufer zu Beginn seiner Hospitation mit fragenden Blicken oder kritischen Anmerkungen rechnen, nach dem Motto: „Will uns der Einkauf wieder billige Produkte andrehen?“ oder: „Will uns die Verwaltung kontrollieren?“Andererseits erfolgt im Nachgang möglicherweise auch Wertschätzung für diese 360-Grad-Betrachtung und Aussagen wie: „Schön, dass Sie sich für unseren Arbeitsalltag interessieren, um unsere Themen besser zu verstehen“. Am Ende sind beide Seiten zufrieden.
Der Einkauf erhält einen Einblick in den mehr als komplexen Klinikalltag und erfährt, wie wichtig eine effiziente Versorgung für die Klinikabläufe ist. Die Anwender erkennen, dass es bei Medizinprodukten bei weitem nicht nur darum geht, das preiswerteste Produkt einzusetzen, sondern dass es in erster Linie darauf ankommt, auf Qualität und ein praxisnahes Handling zu achten.
Erlös- und Sachkostenmanagement verstehen
Mit der Kenntnis über die medizinisch-pflegerischen Abläufe allein ist es jedoch nicht getan. Im nächsten Schritt geht es um die Zusammenhänge zwischen Erlös- und Sachkostenmanagement. Einkäufer müssen auch Prinzipien des Erlösmanagements verstehen: Wer hat den Überblick über die sich jährlich ändernden DRGs? Ist es besser, den Katalogeffekten „hinterher“ zu laufen oder proaktiv zu agieren? Was bedeuten Abwertungen im DRG-Katalog für den Produkteinsatz, etwa dem Verhältnis von Premiumaggregaten zu Standardaggregaten bei Herzschrittmachern oder Defibrillatoren?

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