
Die Einsatz- bzw. Arbeitsorte im Gesundheitswesen können in der Klinik oder in der Reha-Einrichtung, in einem Senioren-/Pflege-/Altenheim, bei einer Einkaufsgemeinschaft oder Einkaufskooperation sein. Allein schon die örtliche Differenzierung führt zu weiteren Abstufungen und Spezialisierungen in diesem Berufsfeld. Es gibt Mitarbeitende im operativen Einkauf sowie im strategischen Einkauf, als Warengruppenmanager oder als Sachbearbeiter, als Datenmanager und kaufmännische Mitarbeiter.
Die beruflichen Hintergründe sind ebenso vielfältig. Da gibt es die Kauffrau bzw. den Kaufmann im Gesundheitswesen, Kolleginnen und Kollegen mit anderen kaufmännischen Ausbildungen, erfolgreiche Studienabschlüsse wie BWL, VWL oder Wirtschaftsingenieurwesen sowie Mitarbeitende mit pflegerischem oder Medizintechnik-Hintergrund. Das sind grundsätzlich die besten Voraussetzungen, um Abteilungen des Beschaffungsmanagements professionell zu besetzen und um gemeinsam den vielfältigen Anforderungen und Aufgaben im Klinik-Alltag gerecht zu werden.

Hohe Erwartungen
Viele Beiträge und Publikationen beschäftigen sich immer wieder mit Themen der Gewinnung und Bindung von jungen Mitarbeitenden, Personalmarketing und unternehmensstrategischen Maßnahmen wie Employer Branding sowie den Prinzipien einer zielgerichteten Mitarbeiterführung beschäftigt.
Dabei ist eines der Ergebnisse die Feststellung, das Mitarbeitende im Beschaffungsmanagement von Einrichtungen des Gesundheitswesens eine unglaubliche Anzahl an Kompetenzen besitzen sollen und müssen, um den täglichen Anforderungen und Erwartungen der weiteren Akteure gerecht zu werden. Die wichtigsten Kompetenzen finden Sie in der Abbildung dargestellt; dabei ist die Liste noch nicht vollständig, sondern lässt sich weiter ergänzen.
Die Erwartungshaltung von zwei Berufsgruppen an Einkäufer zu Kenntnissen der jeweiligen Berufsgruppe und Fach-Spezialisierung bzw. Fachrichtung ist dabei überproportional groß: Ärztinnen/Ärzte sowie Pflegende. Gerade diese beiden Berufsgruppen erwarten einen hohen Kenntnis- und Spezialisierungsgrad vom Einkauf, der alle Details der jeweiligen Fachrichtung idealerweise komplex und in der Tiefe beherrscht. Hier entstehen daher manchmal Reibungspunkte, die sich aufgrund verschiedener Erwartungshaltungen durchaus zu einer schwierigen Zusammenarbeit entwickeln können.
Aussagen wie: „… die im Einkauf haben doch gar keine Ahnung …”; „… was haben die im Einkauf da schon wieder umgestellt …”; „… der Einkauf guckt wieder mal nur aufs Geld …”; bis zu „… wenn ich als Arzt das nehmen muss, kann ich nicht mehr arbeiten und ggf. sterben dann wegen des Einkaufs Patienten …” kennen sicherlich viele Beschaffungsmanager. Das ist weder konstruktiv noch wertschätzend.

Weiterbildung erforderlich
Da diese Vielzahl von Kompetenzen keinem Beschaffenden in seine berufliche Wiege gelegt worden ist, müssen sich die Kollegen im Einkauf diese kontinuierlich aneignen und dann auch regelmäßig aktualisieren. Dazu sind Weiterbildungen und Schulungen, Wissenstransfer und Wissensdatenbanken sowie berufliche Netzwerke und Fachverbände zwingend notwendig. Dort wird Mitarbeitenden im Beschaffungsmanagement die Möglichkeit gegeben, sich mit anderen beruflich Gleichgesinnten auszutauschen, sich Rat und Ideen einzuholen sowie die eigenen Kompetenzen Stück für Stück auf- und auszubauen und sich weiterzuentwickeln.
Möglichkeiten zur Kompetenzerweiterung sind für viele im Beschaffungsmanagement aktive Kollegen u.a. Veranstaltungen wie „Medizin für Einkäufer“ und „Medizin für Nicht-Mediziner“, bei denen Bechaffungsmanager die Möglichkeit zur Schulung mit direktem Praxisbezug = Produktbezug gegeben wird. So konnten Einkäufer bei der femak-Regionalveranstaltung „Medizin für Einkäufer“ in Bochum nach dem Theorie-Teil zu Implantaten im Rahmen von „Praktischen Übungen“ an künstlichen Knochen- und Gelenk-Modellen verschiedene Hüft- und Knie-Implantate einsetzen. Es wurde gesägt, gehämmert sowie gebohrt und die Einkaufsmanager bekamen ein Gefühl für die handwerklichen Arbeiten und Herausforderungen der operierenden Ärzteschaft. Des Weiteren wurde auch per Navigation an der Modell-Hüfte gearbeitet.
Nicht-repräsentative Umfrage mit Fragen an Einkäufer
(n = 110 Personen; Mehrfachnennungen waren möglich)
Wie sehen Klinik-Mitarbeitende Ihre (Einkaufs-)Abteilung?
Ist bekannt: 90 %
Wertschätzend: 80 %
Verständnis für kaufm. Entscheidungen: 75 %
Gibt es bei Ihnen im Einkauf aktuell offene Stellen?
Ja: 85 %
Nein: 15 %
Sind Sie in einem Fachverband organisiert?
Ja: 40 %
Nein: 60 %
Nutzen Sie regelmäßig externe Veranstaltungen zu Fort- und Weiterbildungen?
Ja: 30 %
Nein: 70 %
Wenn ja: wie oft waren Sie im letzten Jahr zu Fort- und Weiterbildungen?
1x : 70 %
2–4x: 30 %
> 5x: 0 %
Wie empfinden Sie Ihre technische Ausstattung?
Sehr gut: 80 %
Gut: 20 %
Schlecht: 0 %
Was bereitet Ihnen aktuell aus beruflicher Sicht die meisten Sorgen?
Standort-Schließung: 60 %
Fehlende Stellen-Nachbesetzung: 70 %
Streichung von Fort- & Weiterbildungen: 60 %
Eine nicht-repräsentative Umfrage hat sich im 1. Quartal mit Fragen an Einkäufer verschiedener Kliniken in unterschiedlichen Trägerschaften gewandt, um sich ein aktuelles Stimmungsbild zu machen. Die Fragen und Ergebnisse können Sie im Infokasten nachlesen.
Überraschend ist, dass die Sorge vor nicht möglichen Nachbesetzungen offener Stellen viele Kollegen im Einkauf beschäftigt. Die Gründe dafür liegen nicht nur im Fachkräftemangel, sondern auch in einer nicht immer optimalen Außendarstellung des Beschaffungsmanagements von Kliniken. Hier sind Industrie-Unternehmen deutlich präsenter in den sozialen Medien sowie auf Job-Portalen.
Zum anderen ist der Bedarf an Einkäuferinnen und Einkäufern über das Gesundheitswesen hinaus sehr groß. So gibt das Job-Portal „Indeed“ Anfang Juli 2024 die Anzahl der aktuell verfügbaren Jobangebote mit den Schlagworten „Einkauf Krankenhaus“ mit 1 543 Jobs an. Für das Schlagwort „Einkauf“ sind es branchenübergreifend in Deutschland mehr als 6 700 Stellenangebote.
Fazit
Bei der Neubesetzung von Stellen in den Einkaufsabteilungen gibt es einen sehr großen Arbeitnehmer-Markt. Insbesondere bei den Gehältern gibt es zwischen Industrie-Unternehmen und Einrichtungen des Gesundheitswesens große Differenzen. Zusätzlich erschwerend ist die Situation der Stellenbesetzung in ländlich geprägten Regionen Deutschlands. Grundsätzlich muss sich jede Einrichtung im Gesundheitswesen neben vielen anderen Themen auch intensiv mit der Neu- bzw. Nachbesetzung offener Stellen beschäftigen. Hier sind alle Akteure gefordert.




Derzeit sind noch keine Kommentare vorhanden. Schreiben Sie den ersten Kommentar!
Jetzt einloggen