
Der Gesundheitssektor trägt Schätzungen zufolge mit mehr als vier Prozent aller weltweiten Treibhausgasemissionen maßgeblich zur Umweltbelastung bei. Nicht nur der Strom- und Wasserverbrauch, sondern auch der anfallende Abfall in Krankenhäusern besitzt dabei eine bedeutende Rolle. Ein gesteigertes Bewusstsein für die enormen Abfallmengen führt in vielen Bereichen zu einer Rückkehr von wiederverwendbaren Artikeln. Auch im Krankenhaus kann eine Umstellung von Einweg- auf Mehrwegartikel ökologische Vorteile versprechen, wenngleich eine Beurteilung der Vorteilhaftigkeit in Kostenkategorien nicht ganz trivial ist.
Wiederverwendbare Produkte als Lösung der Abfallproblematik?
Ein Umstieg von Einweg- auf Mehrwegartikel trägt nicht zwangsläufig zu einer Förderung der Nachhaltigkeit im Krankenhaus bei. Für eine fundierte Beurteilung sollten sowohl hygienische als auch qualitative und ökonomische Aspekte mitberücksichtigt werden. Auf den ersten Blick erscheint die traditionelle Entscheidung für Einwegartikel durch die meist geringeren Anschaffungskosten grundsätzlich plausibel. Da diese Artikel meist in sehr großen Mengen beschafft werden, können außerdem Skaleneffekte erzielt und zusätzlich Verpackungen reduziert werden. Außerdem geht mit Einwegprodukten eine lange Lagerfähigkeit einher, bei der die Sterilität durch die Hersteller gewährleistet ist.
In deutschen Krankenhäusern entstehen jährlich fast 5 Millionen Tonnen Abfall. Davon kann ein großer Teil aufgrund der bestehenden hohen Hygiene-Standards auf die Verwendung von Einwegartikeln zurückgeführt werden. Diese Produkte zeichnen sich dadurch aus, dass sie nach einmaligem Gebrauch entsorgt werden und somit lediglich bei einer einzelnen Maßnahme an einem Patienten Anwendung finden. Im Gegensatz dazu können Mehrwegartikel mindestens zweimal verwendet werden und stellen daher eine vielversprechende Möglichkeit im klinischen Alltag dar, die Müllproduktion zu reduzieren.
Hingegen müssen Mehrwegartikel vor einer Wiederverwendung entsprechend aufbereitet werden, um Kreuzkontaminationen zu vermeiden. Diese Wiederaufbereitungsprozesse können mit einem hohen Ressourcen- und Energieverbrauch einhergehen und durch häufige Wiederholungen sogar zu einer ökologischen Belastung im Sinne von Wasserverbrauch und Chemikalienbelastung führen. Zudem fallen im Vergleich zu Einwegartikeln meist höhere Anschaffungskosten an, wobei sich dies auf die Anzahl der Wiederverwendungen relativieren kann. Daher sollte nicht nur die Anfangsinvestition betrachtet werden, sondern eine Untersuchung der gesamten Nutzungsdauer stattfinden.
Life-Cycle-Assessments als Entscheidungshilfe
Grundsätzlich ist kein allgemeingültiger Vergleich der Produktvarianten möglich, da lokale Aufbereitungs- und Einkaufskosten berücksichtigt werden müssen. Darüber hinaus sollte bei einem Vergleich der Umweltauswirkungen der Einweg- und Mehrwegartikel der gesamte Produktlebenszyklus, von der Herstellung des Primärmaterials bis zur Entsorgung, betrachtet werden. Dies ist besonders wichtig, da Mehrwegprodukte beispielsweise in der Herstellung in der Regel einen größeren CO2-Fußabdruck verursachen, der Effekt sich aber langfristig durch die Wiederverwendung umkehren kann.
Um den ökologischen Fußabdruck eines Medizinprodukts zu erfassen, können sogenannte Life-Cycle-Assessments (LCA) durchgeführt werden. LCAs oder auch Ökobilanzen ermitteln den Energie- bzw. Ressourcenverbrauch einzelner Produkte, indem sämtliche Prozessschritte von der Produktion, dem Transport zum Krankenhaus, der dortigen Verwendung, möglichen Wiederaufbereitungsschritten und letztendlich der Entsorgung detailliert untersucht werden. Daher kann dieses Analysetool für einen objektiven Vergleich einzelner Produkte eingesetzt werden. Während sich die Datenerfassung bei Einwegprodukten auf die Prozessschritte der Produktion, des Transports und der Entsorgung fokussiert, stehen bei Mehrwegartikeln die ressourcenintensiven Wiederaufbereitungs- und Reinigungsprozesse im Vordergrund. Ein wesentlicher Effekt dabei ist, dass diese Wiederaufbereitung grundsätzlich deutlich geringere Skaleneffekte hat als die Neuproduktion.

Umfassende Ökobilanzen sind jedoch schwierig durchzuführen und gehen mit einem erheblichen organisatorischen und zeitlichen Aufwand einher. Die Ergebnisse von bisher durchgeführten LCAs lassen jedoch darauf schließen, dass Mehrwegartikel in Krankenhäusern aus ökologischer Sicht besser zu beurteilen sind als Einwegartikel. Dennoch sind die Umweltauswirkungen von wiederverwendbaren Produkten stark von der Anzahl der Nutzungen und dem Reinigungsprozess abhängig. Speziell der zusätzliche Wasserverbrauch, der mit der Reinigung wiederverwendbarer Produkte einhergeht, ist bei einem Umstieg von Einweg- auf Mehrwegprodukten zu beachten.
Eindeutige Ergebnisse gibt es beispielsweise bei der Überlegung zwischen Einweg- vs. Mehrwegkitteln im Krankenhaus. Hier zeigen Analysen ziemlich eindeutig, dass Mehrwegkittel unabhängig von der Materialzusammensetzung und über den gesamten Lebenszyklus einen deutlich geringeren Energieverbrauch haben und somit im Vergleich zu Einwegkitteln zu einer geringeren Umweltverschmutzung führen. Nicht unterschätzt werden darf aber der organisatorische Aufwand, um die gereinigten Kittel den Nutzern erneut zur Verfügung zu stellen.
Sicherheit der Produkte hat Priorität
Abgesehen davon, dass die ökologische der ökonomischen Perspektive gegenüberstehen kann, darf speziell im Krankenhausbereich die Sicherheitsperspektive nicht vernachlässigt werden. Die Verwendung eines Medizinprodukts muss als sicher gelten, unabhängig davon, ob es sich um ein Einweg- oder Mehrwegprodukt handelt. Bei einer Überlegung der Umstellung von Einweg- auf Mehrwegartikel müssen daher mögliche Zielkonflikte der unterschiedlichen Perspektiven beachtet werden. Schlussendlich ist dann im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Produktumstellung in Summe als sinnvoll beurteilt werden kann.
Ergebnisse von bisher durchgeführten LCAs lassen jedoch darauf schließen, dass Mehrwegartikel in Krankenhäusern aus ökologischer Sicht besser zu beurteilen sind als Einwegartikel.
Fazit
Die Reduktion von Abfällen in Krankenhäusern und Nachhaltigkeitsziele im Allgemeinen können als eine der größten Herausforderungen für die kommenden Jahre bezeichnet werden. Wenngleich bei der Entscheidung zwischen den Produktvarianten keine pauschale Aussage möglich ist, lässt sich festhalten, dass ein Umstieg von Einweg- auf Mehrwegartikel meist zu einer Verringerung der Abfallmenge, besseren Umweltbilanz und geringeren Ressourcenverbräuchen führt. In einigen Krankenhausbereichen werden sich Einwegartikel aufgrund von Hygiene- und Serviceanforderungen dennoch nicht gänzlich vermeiden lassen. Hier stellen Einwegprodukte, die größtenteils recycelt werden können und damit zu einer indirekten Wiederverwendung führen, eine Alternative dar.




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