
Verlässliche Planungsparameter und -kenngrößen sind Grundlage einer jeden Logistikstrategie sowie einer dieser folgenden operativen Umsetzung. Unsicherheiten bezüglich verfügbarer Ressourcen (z. B. durch Fehlzeiten bei Mitarbeitern oder Ausfallzeiten bei automatischen Warentransportanlagen) als auch wesentlicher Leistungsparameter (z. B. Transportzeiten, Wartezeiten, Stornierungen, Abbrüche, Priorisierungen etc.) erschweren sowohl die Entwicklung einer langfristigen Strategie (z. B. Art und Umfang technologischer Unterstützung) als auch die Realisierung im Tagesgeschäft. Damit einhergehende Nachteile, wie geringe Produktivität (z. B. Anzahl von Transporten je Vollzeitkraft und Stunde) und Servicequalität, welche sich insbesondere in einer weniger gegebenen Übereinstimmung von Anforderungsanspruch, Planung und Umsetzung (z. B. Unpünktlichkeit) widerspiegeln, führen zu vergleichsweise höheren Kosten.
Mit Blick auf das im Vergleich mit der Logistik in anderen Bereichen höhere Maß an Stochastik sind die diesbezüglichen Herausforderungen in der Krankenhauslogistik besonders hoch und umso wichtiger ist es, dem ohnehin schon vergleichsweise hohen Einfluss des Zufalls keinen zusätzlichen Raum zu geben. Dies wird erreicht, indem
a) ein hohes Maß an Transparenz bezüglich der Abweichung von Planung und Realisierung vorliegt und
b) auf verlässliche Planungsparameter zurückgegriffen werden kann.
Individuelle Rahmenbedingungen
Unabdingbar sind in diesem Kontext im Weiteren individuelle strukturelle oder prozessbezogene Rahmenbedingungen eines Krankenhauses. Sind beispielsweise bei einer geringen Anzahl von Ebenenwechseln viele Aufzugsanlagen verfügbar, verfügt ein Haus über eine (neue) Rohrpost- oder AWT-Anlage, ist der Krankenstand beim Transportpersonal und der Anteil von Liegendtransporten vergleichsweise gering, so liegen insgesamt günstigere Rahmenbedingungen für eine hohe Produktivität in der Krankenhauslogistik vor, als im jeweils umgekehrten Fall.
Neben einer grundlegenden anonymisierten Vergleichbarkeit der Logistikeffizienz ist ein wesentliches Ziel der Benchmark-Studie Krankenhauslogistik demzufolge auch oben angesprochene Unterschiede in geeigneter Weise quantitativ aufzubereiten, um auf diesem Wege eine richtige Einordnung der jeweils eigenen Situation vornehmen zu können.

Methodik
Datenbasis der Studie sind je Krankenhaus
63 Strukturdatensätze (z. B. Fallzahl, operative Arbeitsstunden und Vollzeikraft im Transportdienst, Unterstützung durch eine Rohrpost-/AWT-Anlage, Anforderung nach dem Push- oder Pull-Prinzip …), welche einmalig (pro Jahr) erhoben werden und
33 Massendatenfelder (z. B. alle Zeitstempel eines Transportauftrags, Art des Transports …), welche für jeden Transport eines Jahres aus der Logistiksoftware mit in der Regel geringem Aufwand exportiert werden können sowie
optional krankenhausindividuelle Mappingtabellen, die nur einmal erstellt werden müssen und Inhalte der Massendaten weiter standardisieren, sodass gewünschte krankenhausindividuelle Rahmenbedingungen explizit berücksichtigt werden.
Diese Datenbasis wird in einem standardisierten Datenaufbereitungs- und -auswertungsprozess zu rund 500 Kennzahlen verdichtet, welche krankenhausindividuelle Handlungsempfehlungen zur Produktivitätssteigerung ermöglichen.
Kennzahlenvergleich mit den Vorjahren
In der Übersicht von Kennzahlen wird deutlich, dass die Medianwerte zum Teil relativ nahe beieinander liegen, teilweise aber auch weiter streuen. Höhere Streumaße können zum einen auf die in den Jahren jeweils teilnehmenden Kliniken (wobei sich die jeweilige Schnittmenge in den drei Jahren auf 65–85 Prozent belief) und zum anderen auf gezielte, den Handlungsempfehlungen folgende, projektbezogene Verbesserungen in den Häusern zurückgeführt werden (z. B. Rückgang bei Stornierungen).
An anderer Stelle erschwerte Bedingungen, wie die Verschlechterung in der Planungsgenauigkeit, Zunahme von Transporten mit Wartezeit oder Zunahmen beim Anteil kurzfristiger Anforderungen, reduzierten im Median erkennbar auch die Produktivitätskennzahlen (Anzahl Transporte pro Mitarbeiterstunde und Anzahl jährlicher Transporte pro Vollzeitkraft). Krankenhausindividuell werden diese Zusammenhänge noch deutlicher.
Ausgewählte Untersuchungen im Jahr 2025
In jedem Studienjahr wurde die Studie erweitert, oder es wurden besondere Schwerpunkte gesetzt, welche definierte Sachverhalte oder Problemfelder nachvollzieh- oder sichtbarer machen sollten.
Im Rahmen der Studie 2025 wurden unter anderem gezielt nachstehende Untersuchungen durchgeführt:
Durchklicken in der Auftragsbearbeitung
Durchklicken von Aufträgen liegt vor, wenn Zeitstempel, welche einen Transportauftrag dokumentieren, identisch sind (z. B. begonnen = beendet). Diese Quote liegt bei den teilnehmenden Häusern im Median bei geringen 0,06 Prozent. Ausnahmen bildeten 2025 zwei Häuser mit diesbezüglich sehr hohen Quoten.
Achtsamkeit bezüglich des Durchklickens von Aufträgen erhöht die Datenqualität und damit auch die Transparenz und Validität bei (zukünftigen) Auswertungen. Weiterhin wird damit die Qualität eines wertvollen Bausteins für die zukünftige Planung gemindert.
Ursachen von Verspätungen am Ankunftsort
Eine Verspätung am Ankunftsort zieht die Frage nach sich, welches die wesentliche Ursache hierfür war. In einer diesbezüglichen Analyse wurde differenziert in den Anteil der Verspätung, der auf Wartezeit am Abholort zurückzuführen ist und den Anteil, bei dem der reale Transport mehr Zeit beanspruchte als geplant war.
Im vorliegenden Fall war die Ursache bei den Krankenhäusern fünf, acht und 20 in hohem Maße auf Wartezeiten am Abholort zurückzuführen. In den anderen Häusern war die geplante Transportzeit nicht ausreichend, was u. a. auf eine unzureichend präzise Distanzmatrix rückführbar ist.

Anteil rückwirkend angelegter Anforderungen
Der Anteil rückwirkend angelegter Anforderungen gibt an, wie viele Transporte nach der Ausführung angelegt wurden. Hier liegt die Quote im Median bei zehn Prozent, wobei die Hälfte der teilnehmenden Krankenhäuser einen höheren Anteil hat (max. 34 Prozent).
Dieser Anteil reduziert (siehe auch „durchgeklickte Aufträge“) die Datenqualität, welche für eine weitere Verbesserung der Planungsqualität wichtig ist. Daher sollte sie individuell nicht größer sein als der Notfallanteil eines Hauses.

Anteil der Hinlaufzeit
Die Hinlaufzeit ergibt sich aus der Differenz des Transportbeginns (bzw. der Ankunftszeit am Abholort) eines Auftrags X abzüglich des Transportendes des Auftrags X-1, welcher vom gleichen Gerät protokolliert wurde. Die relative Hinlaufzeit als Quotient aus

ist ein Indikator für ein mögliches Potenzial in der Disposition, eine verbesserungsfähige Verortung von Quell- und Zielorten zueinander und / oder auch die generelle Weitläufigkeit innerhalb des Klinikums. Werte unter dem generell plausiblen Median von 51 Prozent begünstigen tendenziell eine hohe Produktivität, wohingegen Werte darüber einen auftragsbezogenen Mehraufwand induzieren, welcher die Produktivität entsprechend reduziert.

Was beeinflusst die Produktivität?
Nach Abschluss der Auswertung wurde nach einer ersten Untersuchung im Jahr 2023 ein Algorithmus aus der Familie der überwachten Lernmethoden des maschinellen Lernens herangezogen, um diejenigen Kennzahlen zu identifizieren, welche die Produktivität der Krankenhauslogistik am stärksten beeinflusst.
Dabei wurde das Ergebnis aus 2023 näherungsweise bestätigt. Den stärksten Einfluss haben die Etagenwechsel, den geringsten Einfluss die Priorisierung der Transportaufträge, wobei Etagenwechsel, Stornierungen, Hauswechsel, Wartezeit, Abbrüche, kurzfristige Anforderungen und Priorisierung bei entsprechender Zunahme die Produktivität verringern, wohingegen Anforderungen mit Folgeaufträgen, Pünktlichkeit und Plangenauigkeit sich produktivitätssteigernd auswirken.
Fazit und Ausblick
Weitere Untersuchungen mit Deep Neural Networks (DNN) deuten darauf hin, dass die genannten Inputfaktoren die Produktivität (Anzahl Transporte pro Mitarbeiter-Arbeitsstunde) in einer Größenordnung von ca. 75 Prozent verlässlich erklären. Das heißt, dass nach aktuellem Forschungsstand rund 25 Prozent des Einflusses auf die Produktivität noch nicht abschließend fixiert werden konnte.
Interessant dürften in diesem Zusammenhang auch KI-basierte krankenhausindividuelle Analysen zur Produktivitätsbewertung sein, welche Gegenstand aktueller Forschungsprojekte sind. Nach aktuellem Stand ist davon auszugehen, dass eine Dynamisierung der Planungsgrundlage, wie z. B. eine über den Tag sich verändernde Plan-Transportzeit, welche die aktuelle Systemlast berücksichtigt, die Effizienz der eingesetzten Ressourcen in der Krankenhauslogistik deutlich steigern dürfte.




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