
Seit dem Jahreswechsel 2019/2020 hält das neuartige SARS-CoV-2 Virus die Welt fest im Griff und stellte diese vor neue Herausforderungen im Umgang mit einer pandemischen Situation. Bis Juli 2022 wurden weltweit 554,3 Millionen Fälle durch die World Health Organization (WHO) registriert (https://covid19. who.int/; Abruf: 13.07.2022). Um eine Ansteckung und weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern, sollen sich infizierte Personen isolieren und sich von ihren Mitmenschen distanzieren. Wie aber kann die Versorgung von Patienten im Krankenhaus, wo sowohl infizierte als auch nicht-infizierte Patienten behandelt werden müssen, baulich und prozessual sichergestellt werden?
Die Neubauplanung eines Krankenhauses wird durch die veränderten äußeren Rahmenbedingungen, welche sich aus der COVID-19-Pandemie herauskristallisiert haben, beeinflusst. Die pandemischen Gegebenheiten sind ebenfalls in der logistischen Masterplanung für Krankenhäuser zu berücksichtigen. Insbesondere die Lagerhaltung für Materialien, die Etablierung von Schleusen zur Ein- und Ausfuhr von Material und Personal, die Aufzugsnutzung sowie die Wegeführung im Krankenhaus sind wesentliche Themen für die Krankenhauslogistik während der Pandemie. Insbesondere die situative Wegeführung von Material und Patienten durch die Integration von Isolationsbereichen stellt häufig eine Herausforderung dar.
Logistikwege und Isolationsbereiche
Während der Pandemie werden Bereiche und Aufzugsgruppen dediziert für infektiöse Patienten und kontaminiertes Material genutzt. Auf diese Weise soll das Risiko für eine Ansteckung von anderen Patienten oder Mitarbeitenden und Besuchern reduziert werden. Um die Wege der infektiösen Patienten bestmöglich von den restlichen Wegeführungen zu trennen, sollten bereits in der Zuwegung zum Krankenhaus die infektiösen Patienten separiert werden. In einem Beispielkrankenhaus wurden zu Beginn der Pandemie, als der Regelbetrieb pausierte, alle Patienten über die Liegendkrankenanfahrt in das Gebäude gebracht. Auf diese Weise wurden alle Patienten, bevor sie das Gebäude betraten, einer Infektionskontrolle und Triage unterzogen. Der Haupteingang zum Krankenhaus wurde in dieser Zeit ausschließlich durch die Mitarbeitende genutzt.
In einer späteren Phase der Pandemie, als auch der Regelbetrieb wieder aufgenommen wurde und elektive Patienten einbestellt wurden, wurde der Haupteingang des Krankenhauses wieder von Besuchern und elektiven Patienten genutzt. Diese Personengruppen wurden dann gemeinsam mit den Mitarbeitenden einer Infektionskontrolle unterzogen. Alle Selbsteinweiser und Notfälle betraten das Krankenhaus weiterhin über die Liegendkrankenanfahrt, sodass eine Triagierung und Infektionskontrolle erfolgen konnten.
Damit die Personenströme bereits in der Zuwegung zum Krankenhaus separiert und geleitet werden können, bedarf es einer guten Beschilderung dieser situativ zu nutzenden Wege. Angrenzend an die Liegendkrankenanfahrt werden die Patienten in der Notaufnahme in drei verschiedene Bereiche aufgeteilt. Anhand des Infektionsstatus wurde zwischen nichtinfektiösen, infektiösen und Patienten mit einem noch unklaren Infektionsstatus unterschieden. Die Isolationsbereiche für die infektiösen Patienten sind nur über Schleusen zugänglich. Diese Schleusen wurden teilweise durch die Installation zusätzlicher Türen im Flurbereich errichtet. In der besonderen Pandemiesituation konnten durch die zusätzlichen Türen Bereiche des Flures separiert werden. Auf diese Weise konnte vermieden werden, dass Mehrflächenbedarfe für die Installation von Schleusen generiert wurden. Über die Schleusenbereiche zwischen den infektiösen und nicht-infektiösen Bereichen werden Material und Personal ein- und ausgeschleust.
Auch die Aufzugsgruppen, welche sich im Isolationsbereich befinden, sind für nicht-infektiöse Patienten nicht zugänglich und werden situativ nur durch Isolationspatienten genutzt. Andersrum stehen die restlichen Aufzugsgruppen außerhalb des Isolationsbereichs nur den nicht-infektiösen Patienten, Besuchern und Mitarbeitern zur Verfügung. Durch eine intelligente Wegeführung und situative Personal- und Materialflusssteuerungen, organisiert über zusätzliche Schleusen und Türen, wurden möglichst kreuzungsfreie Wege ohne zusätzliche Flächen geschaffen.
Stufenkonzepte für Pandemiephasen
Wie die COVID-19-Pandemie in den letzten Jahren gezeigt hat, verläuft eine Pandemie nicht linear. Das Infektionsgeschehen in der Gesellschaft steigt und fällt wellenförmig. In Phasen der Pandemiewellen mit hohen Infektionszahlen werden wiederum andere Anforderungen an die Krankenhäuser gestellt wie in Tiefphasen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass Konzepte zur Ausbildung von Isolationsbereichen innerhalb des Krankenhauses oder innerhalb von Stationen sowie die zugehörigen Material- und Personenflüsse stufenweise gedacht werden.
Am Beispiel einer Intensivstation kann verdeutlicht werden, dass Teilbereiche der Station separiert für infektiöse Patienten genutzt werden können. Dies bedarf die Integration eines Türkonzepts zur Ausbildung von Schleusenbereichen für Material- und Personal. Diese über z.B. zusätzliche Türen im Flur ausgebildeten Schleusenbereiche werden zusätzlich noch mit einer Klingel ausgestattet, um den Zugang zum infektiösen Bereich zu überwachen. Die in diesem Fall vorliegenden Doppelflurstrukturen bieten zusätzlich die Möglichkeit, sie als Schleusen zur Ver- und Entsorgung von Material zu nutzen. Der Stützpunkt mit angegliedertem Betriebsmittelraum bildet einen Hybridbereich, welcher sowohl für den nicht-infektiösen Teilbereich im unteren Flur als auch für den infektiösen Bereich im oberen Flur genutzt werden kann (Türen zum infektiösen Bereich sind geschlossen zu halten, analog z.B. einer OP-Schleuse). Die Lager- und Schrankkapazitäten im Stützpunkt inkl. Betriebsmittelraum müssen auf diese Doppelfunktion im Pandemiefall ausgelegt werden.
Steigt nun der Bedarf an Intensivkapazitäten innerhalb einer Pandemie, kann der Bereich für infektiöse Patienten von einem Teilbereich einer Station auf eine gesamte Station ausgeweitet werden. Hier können ebenfalls wieder durch die Installation zusätzlicher Türen in den Gängen Schleusenbereiche ausgebildet werden. Wird eine gesamte Station für infektiöse Patienten als Isolierbereich genutzt, sollten in den Schleusenbereichen Umkleide- und Pausenmöglichkeiten für das dort tätige Personal geschaffen werden.
Sicherstellung von Aufzugskapazitäten
Im Pandemiefall werden Krankenhausbereiche und Aufzugsgruppen für infektiöse Patienten und kontaminiertes Material separiert. Situativ werden somit Personen- und Materialströme im Krankenhaus über andere Wege gesteuert.
Im Sinne eines Ausfallkonzepts muss bereits bei der Planung der Aufzugkapazitäten berücksichtigt werden, dass die restlichen Aufzugskerne des Gebäudes durch intelligente Umplanungen ausfallende Aufzüge ausgleichen müssen. Gleichzeitig sind steigende Wartezeiten vor den Aufzügen und Transportspitzen durch temporäre Nivellierungen der Transporte weiterhin zu vermeiden. Mit einem ganzheitlichen Aufzugsnutzungs- und Steuerungskonzept kann der Regelbetrieb auch in Pandemiezeiten aufrecht gehalten werden.
Eine Pandemie stellt für die gesamte Gesellschaft eine Extremsituation dar, in welcher die Funktionalität der kritischen Infrastruktur, wie beispielsweise der Krankenversorgung, sichergestellt werden muss.
Fazit
Eine Pandemie stellt für die gesamte Gesellschaft eine Extremsituation dar, in welcher die Funktionalität der kritischen Infrastruktur, wie beispielsweise der Krankenversorgung, sichergestellt werden muss. Daher ist es wichtig, dass in Pandemiefällen die Ablauforganisation sowie die damit einhergehenden Prozesse der Patientenversorgung weitestgehend aufrecht gehalten werden. Um auch innerhalb des Krankenhauses das Gefährdungspotenzial von Logistikprozessen zu minimieren, müssen Verfahren und Maßnahmen zur intelligenten und situativen Steuerung von Personen- und Materialflüssen eingeführt werden. Ziel ist es, eine möglichst kreuzungsfreie Wegeführung zu entwickeln. Hierbei steht insbesondere die Separierung einzelner Bereiche mit geschleusten Zugängen, ohne einen hohen Zusatzbedarf an Flächen, sowie die dedizierte Nutzung von Aufzügen für infizierte Patienten und kontaminiertes Material im Vordergrund.




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