Prävention in der PflegeEntlastung der Mitarbeitenden durch Prozessoptimierung

Zukünftig können nur Krankenhäuser, die nachhaltig mit ihren Ressourcen umgehen, die medizinische Versorgung der Patienten sicherstellen. Daher rückt die Prävention in der Pflege immer mehr in den Fokus. Optimierte Prozesse und bessere Arbeitsumfelder sollen die Zufriedenheit und Gesundheit der Mitarbeitenden fördern.

Notfall
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Symbolfoto

Mit dem demografischen Wandel steigt die Anzahl pflegebedürftiger Menschen, während gleichzeitig viele Pflegefachkräfte in den Ruhestand treten, ohne dass ausreichend neues Fachpersonal nachrückt. Zudem verliert der Pflegeberuf weiter an Attraktivität, da sich die Arbeitsbedingungen kaum verbessern. Dies verschärft den Fachkräftemangel weiter und erhöht die Bereitschaft, in andere Berufsfelder zu wechseln. Prognosen zufolge werden bis 2035 etwa 500 000 Pflegefachkräfte in der ambulanten und stationären Pflege fehlen. Zudem fühlt sich bereits jetzt jede dritte Pflegefachkraft emotional erschöpft und ist Burn-out gefährdet. Diese Lücke zu schließen sowie die Belastung für Mitarbeitende zu senken, stellt das deutsche Gesundheitswesen vor enorme Herausforderungen.

Unattraktive Arbeitsbedingungen

Insbesondere die Arbeitsbedingungen sind ein entscheidender Faktor für eine langfristige Bindung und Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Um die Lage in der Pflege nachhaltig zu verbessern, sind umfassende Maßnahmen erforderlich. Neben einer Anpassung der Vergütungs- und Arbeitszeitmodelle sowie Maßnahmen zur Reduktion der psychischen und körperlichen Belastung können auch Anpassungen in den betrieblichen Abläufen einen Ansatz bieten. Hier setzt das Konzept der Verhältnisprävention an. Dabei geht es um die Gesundheitsvorbeugung durch eine verbesserte Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitsstätte, Arbeitsmittel und Arbeitsumwelt. Ein Ansatz zur Entlastung der Mitarbeitenden liegt in der Optimierung von Prozessen. Aus optimierten Prozessen folgt eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, da Belastungen minimiert und die Effizienz gesteigert wird, was wiederum zu einer nachhaltigen Gesundheitsförderung und Arbeitszufriedenheit führt.

In vielen Krankenhäusern beeinträchtigen veraltete Prozesse und Strukturen die Effektivität sowie Effizienz und erhöhen somit die Arbeitsbelastung der Mitarbeitenden erheblich.

Optimierte Prozesse zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen

In vielen Krankenhäusern beeinträchtigen veraltete Prozesse und Strukturen die Effektivität sowie Effizienz und erhöhen somit die Arbeitsbelastung der Mitarbeitenden erheblich. Die mangelnde Digitalisierung und der fehlende Technikeinsatz erschweren den Alltag des Personals zusätzlich – es besteht somit erhebliches Verbesserungspotenzial durch die Einführung moderner Technologien und optimierter Prozesse (Abb. 1). Nur mit effektiven und effizienten Prozessen kann eine resiliente und nachhaltige Patientenversorgung sichergestellt werden. Insbesondere um die Versorgungsqualität der Patienten zu gewährleisten, ist es wichtig, dass sich die Mitarbeitenden auf ihre Kerntätigkeiten fokussieren können.

Beispielhaft werden verschiedene Lösungsansätze beschrieben, wie die Arbeitsbedingungen verbessert und die Patientenversorgung gewährleistet werden können.

Maßnahmen zur Verhältnisprävention
Fraunhofer IML
Durch die Verlagerung von materialbezogenen Tätigkeiten auf eine andere Berufsgruppe können Prozesse im OP-Bereich parallelisiert werden.

Optimierung der Transportlogistik im Krankenhaus

Durch den Einsatz von Robotik und Automatisierungslösungen können zahlreiche manuelle Transportaufgaben effizienter, schneller und zuverlässiger durchgeführt werden. Dies ermöglicht dem Pflegefachpersonal, sich auf wertschöpfende Tätigkeiten zu konzentrieren und bietet gleichzeitig eine Entlastung für die Transport-Mitarbeitenden.

Durch die Verlagerung von materialbezogenen Tätigkeiten auf eine andere Berufsgruppe können Prozesse im OP-Bereich parallelisiert werden.

Rohrpostanlagen

Die Rohrpost ist ein klassisches Transportmittel, um kleinvolumige Güter über eine große Entfernung innerhalb des Krankenhauses zu versenden. Auf diese Weise können Laborproben, Medikamente bis hin zu Blutprodukten innerhalb weniger Minuten zwischen den Stationen und Funktionsbereichen sicher verschickt und in Empfang genommen werden. Durch die automatische Dokumentation der Sendungsvorgänge wird die interne Logistik besser koordiniert und überwacht. Dies trägt zu einer Entlastung des herkömmlichen manuellen Transportdienstes bei. Wichtig hierbei ist nicht nur zu definieren, welche Güter über die Rohrpost verschickt werden können, sondern dies auch an alle Mitarbeitenden zu kommunizieren. Auf diese Weise kann gewährleistet werden, dass die Auslastung der Rohrpost voll ausgeschöpft und das Personal in ausreichendem Umfang entlastet wird.

Autonome mobile Roboter

Statt einem manuellen Transport können autonome mobile Roboter (AMR) eingesetzt werden. Diese Roboter navigieren autonom durch die Krankenhausflure und transportieren mittelvolumige sowie großvolumige Güter von einem Ort zum anderen. Sie sind mit Sensoren ausgestattet, die Hindernisse erkennen und umfahren können, und verwenden Mapping-Technologien, um ihre Routen zu optimieren. Mittelvolumige Güter, wie z. B. Arzneimittel, Sterilgut (Stationen) und Unit-Dose können in einzelnen Boxen, Kisten oder KLT-Behältern (KLT: Kleinladungsträger) transportiert werden. Großvolumige Güter, dazu gehören Lagerartikel, Arzneimittel, Speisen, Fallwagen, Abfall oder Wäsche hingegen in Transportwagen.

Durch diesen Technikeinsatz können viele Materialtransporte ohne hohe Personalbindung in die logistischen Prozesse integriert werden. Die Transportwege, die im Regelfall durch das Stations-, Logistik- oder Technikpersonal durchgeführt werden, können stark reduziert werden.

Obwohl die Automatisierung des Transports für einzelne größere Güter, wie medizinische Geräte oder Betten noch nicht vollständig ausgereift ist, kann das Fachpersonal dennoch durch beispielsweise Bettentransporthilfen ergonomisch unterstützt werden.

Optimierung der OP-Logistik im Krankenhaus

Im OP-Bereich müssen viele Prozesse aufeinander abgestimmt sein, um eine hohe Auslastung der Ressourcen und der Versorgungsqualität der Patienten zu gewährleisten. Durch den gezielten Einsatz eines Fallwagenkonzeptes, der eindeutigen Zuordnung von Verantwortlichkeiten sowie dem Einsatz von digitalen Assistenzsystemen können signifikante Verbesserungen erzielt werden, die sowohl das Pflegefachpersonal entlasten als auch den Patientenversorgungsprozess optimieren.

Fallwagenkonzept

Ein Fallwagenkonzept unterstützt bei der Vorbereitung einer Operation, indem Instrumente und medizinisches Verbrauchsmaterial patientenfallbezogen kommissioniert werden. Hierfür werden auf Basis des OP-Plans standardisierte Materiallisten hinterlegt, welche die Basis für die Zusammenstellung der Fallwagen bilden. Lediglich die Ergänzung von beispielsweise Implantaten, welche saalnah gelagert und zum Teil erst intraoperativ entschieden werden, verbleibt als Aufgabe bei der OP-Pflegefachkraft. Auf diese Weise wird die Effizienz erhöht und ein reibungsloser Ablauf im OP-Bereich sichergestellt. Durch eine Erweiterung des Konzepts zur fallbasierten Materialerfassung erfolgt die Verbuchung der zunächst kommissionierten und später verbrauchten Materialien auf den Patientenfall automatisch. Durch die Verlagerung von materialbezogenen Tätigkeiten auf eine andere Berufsgruppe können Prozesse im OP-Bereich parallelisiert werden. Auf diese Weise werden Ineffizienzen im täglichen OP-Betrieb sowie Mehrarbeitszeiten reduziert. Dies führt zu einer höheren Zufriedenheit der Mitarbeitenden.

Ein Krankenhaus ohne ausreichendes Fachpersonal steht vor der Herausforderung, die Versorgungsqualität der Patienten zukünftig nachhaltig sicherzustellen.

Versorgungsassistenz

Durch die Verwendung von standardisierten Materiallisten für die Operationen und den Einsatz einer Fallwagensoftware kann der Kommissionierprozess eines Fallwagens von der OP-Pflegefachkraft an die Versorgungsassistenz übergeben werden. Hierdurch wird eine effizientere Arbeitsverteilung geschaffen. Zusätzlich kann die Versorgungsassistenz bei der Zusammenstellung der Materialien gemäß der definierten Fallwagenlisten durch digitale Assistenzsysteme, wie Handhelds oder Datenbrillen, unterstützt werden. Wegeoptimierte Kommissionierlisten reduzieren die zurückgelegten Wegstrecken, was wiederum die körperlichen Belastungen reduziert.

Die beschriebenen Beispiele zeigen, wie durch die Standardisierung von Prozessen, die klare Definition von Zuständigkeiten sowie dem Einsatz von Automatisierungslösungen und Assistenzsystemen das Arbeitsumfeld im Krankenhaus wesentlich verändert wird. Auf diese Weise wird die Zufriedenheit der Mitarbeitenden im Allgemeinen sowie die Gesundheitsvorbeugung am Arbeitsplatz gefördert. Insbesondere der Einsatz neuer Technologien kann speziell für jüngere Mitarbeitende attraktiv sein, da diese bereits heute mit viel mehr Technik aufwachsen und gegenüber diesen Entwicklungen aufgeschlossener reagieren. Folglich steigt die Attraktivität des Pflegeberufs bzw. der Arbeit im Krankenhaus, wodurch neue Mitarbeitende gewonnen und dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden kann.

Fazit

Ein Krankenhaus ohne ausreichendes Fachpersonal steht vor der Herausforderung, die Versorgungsqualität der Patienten zukünftig nachhaltig sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund ist es unerlässlich, die derzeitigen Arbeitsprozesse und Betriebskonzepte zu überdenken sowie Verbesserungspotenziale zu identifizieren und umzusetzen. Insbesondere Automatisierungs- und Robotiklösungen können dazu beitragen, verbesserte Arbeitsbedingungen im Krankenhaus zu schaffen sowie das Personal zu entlasten. Die Zufriedenheit und Gesundheit der Mitarbeitenden im Sinne der Prävention wird nachhaltig gefördert, indem sich die Pflegefachkräfte beispielsweise mehr auf ihre eigentlichen Tätigkeiten – Pflege der Patienten – konzentrieren können und ihre Arbeit weniger von patientenfernen Tätigkeiten aufgehalten wird. Zum anderen tragen Automatisierungen dazu bei, die körperliche Belastung zu reduzieren und die ergonomischen Bewegungsabläufe zu fördern, sodass das Personal die Tätigkeiten auch bis ins Rentenalter ausführen kann.

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