Arbeitsrecht„Dos and Don‘ts“ bei der Gewinnung von Mitarbeitern

Der Fachkräftemangel betrifft auch Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Gerade hier stellen sich wichtige Fragen dazu, wie Mitarbeiter unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben gewonnen und langfristig gebunden werden können.

Lupe mit menschlichen Figuren
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Symbolfoto

Was ist bei Stellenanzeigen und Vorstellungsgesprächen zu beachten? In welchen Grenzen ist das Abwerben von Mitarbeitern anderer Einrichtungen zulässig? Wie lassen sich Mitarbeiter, die im Ausland ihre Zulassung erworben haben und dort vielleicht bereits arbeiten, einstellen? Diesen Themenbereichen wird der Artikel aus arbeitsrechtlicher Sicht nachgehen.

Was sollte bei Stellenanzeigen und Vorstellungsgesprächen beachtet werden?

Die Stellenanzeige ist ein wichtiges Hilfsmittel zur Besetzung offener Stellen. Zusätzlich zur Frage, wo und mit welchem Stil nach geeigneten Mitarbeitern gesucht wird, sind rechtliche Vorgaben zu beachten.

Stellenausschreibungen müssen „diskriminierungsfrei“ formuliert sein, d. h. geschlechtsneutral (w/m/d) sowie neutral bezüglich Rasse oder ethnischer Herkunft, Religion bzw. Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexueller Identität. Daher sind beispielsweise Bezeichnungen wie „jung“ und „dynamisch“ in einer Stellenanzeige zu vermeiden. Anderenfalls droht den Arbeitgebern ein Entschädigungs- und Schmerzensgeldanspruch des benachteiligten Bewerbers von bis zu drei Bruttomonatsgehältern.

Im Vorstellungsgespräch gilt es, die „richtigen Fragen“ zu stellen. Unkritisch sind Fragen, die sich auf die Qualifikation, Eignung, Motivation und berufliche Ziele etc. der Bewerber beziehen. Themen, die einen Bezug zu den obigen Diskriminierungsmerkmalen aufweisen, haben in einem Vorstellungsgespräch dagegen nichts zu suchen.

Ausnahmen in medizinischen Einrichtungen

Aufgrund des Infektionsrisikos in einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung dürfen in einem Vorstellungsgespräch ausnahmsweise folgende (sonst arbeitsrechtlich kritischen) Themen angesprochen werden:

  • Gesundheitlicher Zustand bzw. körperliche Einschränkungen/Behinderungen (soweit es sich um körperlich anstrengende Tätigkeiten handelt oder wenn der zu besetzende Arbeitsplatz – wie es bei Ärzten und Krankenpflegern z. B. der Fall ist – mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko für Dritte behaftet ist),

  • Impfstatus

  • Bestehen von übertragbaren Krankheiten,

  • Bestehen einer Alkohol- oder Drogenabhängigkeit,

  • Vorstrafen oder laufende Ermittlungen hinsichtlich Straftaten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln (soweit die Bewerber mit Medikamenten in Berührung kommen würde).

Wichtig ist hier allerdings, dass solche grundsätzlich „kritischen“ Fragen (insbesondere, wenn es um bestehende Krankheiten geht) richtig formuliert sind und ein Bezug zur vorgesehenen Tätigkeit besteht.

Das „Recht zur Lüge“

Unzulässig sind dagegen auch im medizinischen Umfeld z. B. Fragen nach einer Schwangerschaft oder nach der Konfession, es sei denn, es geht um die Besetzung einer leitenden Position, die einen kirchlichen Träger nach außen repräsentiert.

Sollte dem Bewerber eine unzulässige Frage gestellt worden sein, hat dieser ein „Recht zur Lüge“. Eine falsche Antwort auf eine zulässigerweise gestellte Frage kann dagegen im Nachhinein einen Kündigungsgrund oder eine arglistige Täuschung begründen. Letztere gibt dem Arbeitgeber das Recht, den Arbeitsvertrag anzufechten.

Welche Benefits sind in Krankenhäusern realisierbar und attraktiv?

Neben Jobtickets, Jobrad und der Bezuschussung von Mahlzeiten in der Krankenhauskantine zählen Gesundheitsmaßnahmen, Fitness-Angebote oder sogar die Bereitstellung eigener Ruhe- und Schlafräume zu begehrten Vorteilen für Mitarbeiter. Sie sind grundsätzlich unabhängig von Eigenschaften des Trägers in Krankenhäusern umsetzbar. Aber auch betriebliche Kindergärten oder Kooperationen mit Kindertagesstätten sowie die Unterstützung bei der Wohnungssuche bieten Potenzial zur Gewinnung und zum Halten von Mitarbeitern. Auch flexiblere Arbeitszeiten können ein wichtiger Pluspunkt sein, soweit umsetzbar.

(Wie) dürfen Mitarbeiter anderer Einrichtungen abgeworben werden?

Mitarbeiter dürfen grundsätzlich vom Konkurrenzunternehmen oder von Headhuntern abgeworben werden. Die Anzahl der abgeworbenen Mitarbeiter, ihre Bedeutung für den früheren Arbeitgeber oder ihre speziellen Kenntnisse und Fähigkeiten spielen dabei keine Rolle. Das Abwerben kann jedoch dann wettbewerbswidrig sein, wenn unlautere Begleitumstände hinzukommen, wie der Einsatz unlauterer Mittel oder unlautere Zwecke. Dazu zählen beispielweise ernsthaftes und beharrliches Einwirken auf Mitarbeiter, um sie zum Wechsel zu veranlassen, systematisches Abwerben durch Verleumdung des bisherigen Arbeitgebers, Verleiten zum Arbeitsvertragsbruch, Versprechen der Übernahme einer möglichen Vertragsstrafe, Abwerben in Schädigungsabsicht oder zur Erlangung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen.

Zulässig ist eine Kontaktaufnahme per E-Mail, LinkedIn oder über sonstige Karriere-Netzwerke. Auch eine kurze Kontaktaufnahme (d. h. wenige Minuten) über das dienstliche Telefon ist möglich. Das Gespräch muss sich allerdings darauf beschränken, das Interesse des Angerufenen am Gespräch als solchem zu ermitteln. Bei Interesse darf die Stelle kurz umschrieben und ein weiterer Besprechungstermin außerhalb der Arbeitszeit vereinbart werden. Wichtig ist, dass beim Anruf der Grund offengelegt wird, der angesprochene Mitarbeiter jederzeit die Möglichkeit hat, das Gespräch zu beenden und der betriebliche Ablauf nicht gestört wird. Eine Störung liegt beispielsweise vor, wenn der abzuwerbende Mitarbeiter über einen wesentlichen Zeitraum von seiner Arbeit abgehalten wird oder wiederholt am Arbeitsplatz kontaktiert wird.

Einstellung von Mitarbeitern mit ausländischer Zulassung und/oder ausländischem Pass?

Aufgrund des Fachkräftemangels in Deutschland erscheint die Einstellung von Mitarbeitern, die im Ausland ihre Zulassung erworben haben und dort arbeiten, als vielversprechender Weg. Allerdings ist er an eine Reihe von Voraussetzungen geknüpft, die je nach Herkunftsland und Berufsgruppe sowie Bundesland, in dem praktiziert werden soll, variieren können. Neben einem Visum bzw. einer Aufenthaltserlaubnis bedarf es nämlich auch der Anerkennung der jeweiligen Berufsqualifikation (Approbation bei Ärzten) und/oder der Erteilung einer Berufserlaubnis.

Soweit ein Bewerber Staatsangehöriger eines EU-/EWR-Staats oder der Schweiz ist, benötigt er neben der Anerkennung/Erteilung der Berufsqualifikation keine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland.

Anders ist dies bei Bewerbern mit einer Staatsangehörigkeit aus einem Drittland. Solche Bewerbern müssen ein Visum zur Arbeitsaufnahme beantragen. Nach der Einreise ist sodann noch eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung notwendig.

Staatsangehörigkeit spielt für Approbation keine Rolle

Für die Anerkennung bzw. Approbation spielt die Staatsangehörigkeit im Übrigen keine Rolle: Es zählt nur, in welchem Land die berufliche Qualifikation erworben wurde.

In einem EU-/EWR-Staat oder der Schweiz erworbene Abschlüsse (soweit in der Anlage der Bundesärzteordnung bzw. EU-Berufsanerkennungsrichtlinie genannt oder durch Vorlage einer Konformitätsbescheinigung nachgewiesen) werden inländischen Abschlüssen grundsätzlich gleichgestellt und können in der Regel automatisch, d. h. ohne individuelle Prüfung der Gleichwertigkeit, anerkannt werden. Allerdings nur, wenn der Staat, in dem die Universität liegt, schon zum Zeitpunkt des Studiums Teil der EU war. Bulgarien und Rumänien sind beispielsweise erst seit Januar 2007 und Kroatien seit Juli 2023 EU-Mitgliedsstaaten.

Im Falle von in Drittstaaten erworbenen Abschlüssen oder EU-Abschlüssen, die nicht in der Anlage der Bundesärzteordnung bzw. EU-Berufsanerkennungsrichtlinie genannt sind oder durch Vorlage einer Konformitätsbescheinigung bzw. entsprechende Berufserfahrung nachgewiesen werden können, erfolgt eine Anerkennung, wenn eine Gleichwertigkeit des inländischen Ausbildungsstandards von Ärzten und Pflegekräften festgestellt wurde. Wesentliche Unterschiede können ggf. durch nachgewiesene Berufserfahrung oder eine bestandene Kenntnisprüfung ausgeglichen werden.

Nachweis erforderlicher Sprachkenntnisse

Unabhängig davon, wo der Abschluss erworben wurde, bedarf es für die Anerkennung noch der Vorlage eines Nachweises der erforderlichen Sprachkenntnisse. Für Ärzte und Pflegekräfte wird in der Regel ein Sprachzertifikat auf dem Niveau B2 oder C1 gefordert. Zusätzlich kann für Ärzte eine Fachsprachenprüfung notwendig sein, um die spezifischen medizinischen Deutschkenntnisse nachzuweisen.

Soweit Ärzte aus einem Drittstaat keine Approbation erhalten können (z. B. weil die Gleichwertigkeit außerhalb der EU erworbener Berufsqualifikation noch nachgewiesen werden muss), besteht die Möglichkeit, eine auf zwei Jahre befristete Berufserlaubnis zu beantragen, bis die Approbation vorliegt. Die befristete Berufserlaubnis wird erteilt, wenn die Ausbildung als ärztliche Ausbildung zu qualifizieren ist, eine fachliche Eignung für die beabsichtigte Tätigkeit besteht und ein Nachweis der erforderlichen Sprachkenntnisse (auf dem Niveau B2 oder C1) erbracht wurde. Dabei erfolgt eine solche Erteilung in der Regel mit Beschränkungen auf eine bestimmte Tätigkeit/ Beschäftigungsstellen und/oder auf eine Tätigkeit unter Aufsicht eines approbierten Arztes.

Fazit

In Zeiten des Fachkräftemangels bedarf es der Kreativität der Arbeitgeber, um an geeignetes Personal „heranzukommen“. Die Stellenanzeige stellt dabei ein wichtiges Hilfsmittel dar, schließlich entsteht hier bei dem Bewerber der erste Eindruck und der muss „sitzen“. Neben der Einhaltung der gesetzlichen Pflichten sollte insbesondere die Ansprache der Bewerber gut bedacht sein. Benefits und Alleinstellungsmerkmale sollten unbedingt hervorgehoben werden. In Vorstellungsgesprächen gilt es dann, den guten ersten Eindruck zu bewahren. Kritische Fragen, die die persönliche Sphäre der Bewerber (insbesondere zu medizinischen Themen) betreffen, sind im medizinischen Umfeld notwendig und auch rechtlich möglich. Dennoch sollte man sich hier vorher mit den rechtlichen Fallstricken beschäftigen.

Wenn es um geeignete Ärzte oder Pflegekräfte geht, ist das Abwerben von Mitarbeitern anderer Einrichtungen (auch aus dem Ausland) grundsätzlich zulässig, z. B. durch Kontaktaufnahme via LinkedIn, per E-Mail oder (dienstlichem) Telefon. Im Falle von im Ausland lebenden potenziellen Mitarbeitern ist es wichtig, dass dem abwerbenden Krankenhaus der Anerkennungsprozess geläufig ist, damit dem potenziellen Mitarbeiter eine (auch finanzielle) Unterstützung in Aussicht gestellt werden kann. In jedem Falle sollte man auch die aktuelle politische Entwicklung verfolgen – ggf. gibt es länderspezifische Initiativen, die hier eine Rolle spielen können.

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