SicherheitVollversorgung in Kliniken – später Trend, großes Potenzial

Um die Herausforderungen in der Versorgungssicherheit zu meistern, können Kliniken auf spezialisierte Vollversorger setzen. Zentralisierte und standardisierte Logistikprozesse könnten daher in Zukunft im Gesundheitswesen immer wichtiger werden.

Lieferkette
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Symbolfoto

Die Bedeutung effizienter logistischer Prozesse ist in zahlreichen Branchen längst anerkannt. Ob in der Automobilproduktion oder im Einzelhandel – der Erfolg eines Unternehmens hängt maßgeblich davon ab, dass alle Teile und Produkte zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Auch wenn dieser Gedanke im Gesundheitswesen kontrovers diskutiert wird, beginnt dieses, sich dem Trend anzupassen. Logistik in Kliniken spielt eine zunehmend zentrale Rolle, um Effizienz, Kostenersparnis und Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Krankenhaus vs. Automobilproduktion: ein kontroverser Vergleich

Die Vorstellung, ein Krankenhaus mit einer Automobilproduktion zu vergleichen, kann durchaus für Diskussionen sorgen. Der Einwand, dass die Behandlung von Menschen nicht mit der Herstellung von Fahrzeugen vergleichbar und die Pflege nicht so planbar ist, hat durchaus seine Berechtigung. Dennoch gibt es Fachbereiche, wie die Endoprothetik, die mit einer hohen Planbarkeit arbeiten. Patienten erhalten koordinierte Termine für ihre Operationen und der Ablauf folgt strengen, standardisierten Prozessen – ähnlich wie in der Industrieproduktion. Sobald andere medizinische Fachbereiche ins Spiel kommen, zeigt sich jedoch ein anderes Bild, da deren Vorgänge weitaus weniger vorhersehbar sind.

Logistik als Schlüssel zum Erfolg

Logistische Systeme sind dann besonders effizient, wenn standardisierte Prozesse für möglichst viele Produkte genutzt werden. Die Automobilindustrie setzt dabei auf ein stark reguliertes Zuliefernetzwerk, das nicht nur ein, sondern mehrere Produktionsunternehmen versorgt. Ein ähnlicher Trend zeigt sich im Einzelhandel: Kleine Läden, wie der traditionelle Tante-Emma-Laden, sind selten geworden. Stattdessen prägen große Ketten das Bild – unterstützt durch ausgeklügelte Logistiknetzwerke.

Logistische Systeme sind dann besonders effizient, wenn standardisierte Prozesse für möglichst viele Produkte genutzt werden.

Im Gegensatz dazu existieren im Gesundheitswesen nach wie vor viele Einzellösungen, bei denen Krankenhäuser eigene Lager führen, oft dezentral verteilt auf dem Klinikgelände oder in externen Lagerhäusern. Doch je größer eine Klinik oder ein Klinikverbund wird, desto mehr zeigt sich, dass standardisierte Prozesse und eine zentralisierte Logistik eine höhere Effizienz ermöglichen.

Kooperation statt Insellösungen

Lange Zeit war es im deutschen Gesundheitswesen undenkbar, dass Kliniken gemeinsam auf eine logistische Infrastruktur zurückgreifen. Ein erfolgreiches Beispiel dafür lieferte jedoch ein Projekt der Expo 2000 in Hannover, bei der regionale Einrichtungen ihre logistischen Strukturen vereinten. Das Resultat war eine optimierte Versorgungssicherheit und eine Reduktion des innerstädtischen Verkehrs – ein Ansatz, der auch mit Blick auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz zukunftsweisend ist. Dennoch blieb dies lange Zeit eine Ausnahme. Erst in den letzten Jahren führten der zunehmende Fachkräftemangel, unterbrochene Lieferketten und knappe Rohstoffe zu einem Umdenken in vielen Kliniken. Immer mehr Häuser hinterfragen ihre traditionelle Struktur und suchen nach neuen Wegen, um ihre Versorgung effizienter und sicherer zu gestalten.

Vollversorgung: ein neuer Trend im Kliniksektor

Ein zunehmend verbreiteter Ansatz ist die sogenannte Vollversorgung. Dabei übernehmen spezialisierte Logistikdienstleister die Versorgung von Kliniken mit allen benötigten Produkten, sowohl im medizinischen als auch im wirtschaftlichen Bereich. Am Markt existieren diverse Unternehmen, die unterschiedliche Ansätze zur Optimierung der Krankenhauslogistik verfolgen. Einige betreiben eigene Kliniken und stellen ihre logistischen Strukturen auch anderen Krankenhäusern zur Verfügung. Andere entwickeln maßgeschneiderte Infrastrukturen für Großkliniken und bauen diese „auf der grünen Wiese“. Darüber hinaus gibt es große Fachhändler, deren logistische Abläufe stark an die Versorgungsketten des Einzelhandels erinnern. Allen gemein ist das Bestreben, möglichst große Warenmengen durch standardisierte Prozesse zu steuern. Ihre ausgefeilten logistischen Infrastrukturen orientieren sich an den effizienten Versorgungssystemen großer Einzelhandelsketten. 

Der Trend zur Vollversorgung geht weit über die reine Reduzierung von Personalkosten hinaus.

Ein Vorteil dieses Modells ist die Bündelung von Produkten über standardisierte Prozesse. Dadurch wird nicht nur die Wirtschaftlichkeit verbessert, sondern auch die Versorgungssicherheit erhöht. Die Vielfalt an verfügbaren Äquivalenzprodukten steigt, während gleichzeitig der Artikelverfall reduziert wird. Die Konsolidierung der Lieferungen und die Verringerung des benötigten Personals senken den administrativen Aufwand im Einkauf und der Buchhaltung. Neben diesen Faktoren trägt vor allem die Tatsache, dass die Ware bei den Vollversorgungsunternehmen lagert, zur Senkung der gebundenen Kapitalmenge und zur Verbesserung des Cashflows bei – ein immer wichtigeres Thema im Gesundheitswesen.

Professionelle Logistik: mehr als nur Kostenersparnis

Der Trend zur Vollversorgung geht weit über die reine Reduzierung von Personalkosten hinaus. Die Anforderungen an eine professionelle Logistik sind in den letzten Jahren enorm gestiegen, unter anderem durch immer strengere gesetzliche Vorgaben. Vorschriften wie die Medizinprodukteverordnung (MDR), das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder Richtlinien zur Lagerung von Gefahrstoffen und Flüssigkeiten erfordern hochspezialisierte Infrastrukturen und Teams. Professionelle Logistikdienstleister bieten nicht nur die nötigen Lagerkapazitäten, sondern kümmern sich auch um die Einhaltung aller rechtlichen und hygienischen Vorgaben. Kliniken, die auf eine solche spezialisierte Vollversorgung setzen, profitieren von einem hohen Maß an Compliance und Versorgungssicherheit.

Vorteile der Vollversorgung

Durch Bündelung von Produkten wird

  • die Wirtschaftlichkeit erhöht
  • die Versorgungssicherheit verbessert
  • der Artikelverfall reduziert und
  • das Spektrum an verfügbaren Äquivalenzprodukten nimmt zu.

Die Zukunft der Krankenhauslogistik

Während das Konzept der Vollversorgung in anderen Branchen längst etabliert ist, gewinnt es im Gesundheitswesen erst langsam an Bedeutung. Der zunehmende Fachkräftemangel, die steigenden gesetzlichen Anforderungen und die immer komplexer werdenden Lieferketten machen jedoch deutlich, dass auch Kliniken in Zukunft auf zentralisierte und standardisierte Logistikprozesse setzen müssen. Die Vollversorgung bietet dabei nicht nur Kostenvorteile, sondern sorgt auch für eine höhere Versorgungssicherheit und Entlastung des administrativen Aufwands.

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