
Gesellschaftliche Themen wie Menschenrechte, Freiheit, Gerechtigkeit, Diversität und Nachhaltigkeit bestimmen und reflektieren das ethische Fundament, auf dem unser gemeinschaftliches Zusammenleben basiert. Aufgrund der speziellen Ausgestaltung und Bedeutung der Gesundheitsdienstleistungen sowie der damit verbundenen Verantwortlichkeiten haben Ethik und Wertemanagement im Krankenhaus eine besonders wichtige Rolle. Hieraus ergeben sich vielfältige Einflussfaktoren und Ausgestaltungsvarianten hinsichtlich Patientensicherheit, Qualitätssicherung, Ressourcenoptimierung und Nachhaltigkeit sowie Transparenz und Compliance im Rahmen der stationären Versorgung. Einkauf und Logistik können und müssen hier bedeutsame Aspekte berücksichtigen sowie tatsächlich relevante Beiträge leisten.
Rechtlich-ökonomischer Fokus
Die dominierende rechtlich-ökonomische Ausrichtung im Krankenhaus steht allzu oft in einem Spannungsfeld mit der Werte- und Ethik-Orientierung der involvierten Mitarbeiter, Patienten und Stakeholder. Während die rechtlich-ökonomische Ausrichtung auf Effizienz, Kostenoptimierung und die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben abzielt, legen die Prioritäten der Werte- und Ethik-Orientierung im Krankenhaus den Schwerpunkt auf das Wohl der Patienten, auf ethisch-moralische Grundsätze sowie auf eine wertebasierte Entscheidungsfindung. Hieraus ergeben sich mögliche Konfliktpunkte und Dilemmata im Krankenhausbetrieb, die sich u. a. zwischen Kostenreduzierung und Versorgungsqualität wie auch gesetzlichen Anforderungen und Patientenwohl auftun.
Professionsgetragene Werte
Neben der rechtlich-ökonomischen Ausrichtung wird die Leistungserbringung im Krankenhaus durch eine Vielzahl unterschiedlicher Professionen (z. B. Mediziner, Pflege, Therapeuten, Administration) gekennzeichnet und bestimmt. Die verschiedenen Professionen teilen dabei gemeinsame Werte, wie die Orientierung am Patientenwohl, Verantwortungsbewusstsein sowie ethisches Verhalten. Demgegenüber unterscheiden sie sich sowohl hinsichtlich ihrer primären Ziele, ihrer Arbeitsweise, der Art der Patienteninteraktion sowie den jeweiligen Kompetenzen. Hieraus ergeben sich diverse Herausforderungen bezüglich einer konstruktiven interdisziplinären Zusammenarbeit, die das Wohl der Patienten in den Mittelpunkt stellt.
Die unterschiedlichen Perspektiven, Prioritäten und Wertegefüge führen im Krankenhausalltag zu vielfältigen Konflikten und ethischen Dilemmata.
Interessen in Konflikt
Die unterschiedlichen Perspektiven, Prioritäten und Wertegefüge führen im Krankenhausalltag zu vielfältigen Konflikten und ethischen Dilemmata. Dabei treffen verschiedene klinische, rechtliche, ökonomische sowie moralische Interessen und Sichtweisen aufeinander. Diese gilt es, sichtbar zu machen und transparent zu analysieren sowie eine tragbare und nachvollziehbare Entscheidung herbeizuführen. Das Spektrum herausfordernder Themenfelder und Gegensätze reicht von Patientenautonomie versus ärztliche Fürsorge über Triage und Rationierung medizinischer Ressourcen bis zu Patientenwohl, Ungleichheit bei der Gesundheitsversorgung und Umgang mit medizinisch-pflegerischen Fehlern.
Primum non nocere
Erstens nicht schaden! Dieser Vorsatz und ethisches Prinzip ist ein Grundpfeiler der ärztlichen Berufsethik und hat eine weitreichende Bedeutung für die tägliche Praxis im Krankenhaus. Dabei geht es in erster Linie darum, dass die Gesundheit und das Leben der Patienten bewahrt und geschützt werden. Hierzu kommen vielfältige Methoden und Instrumente zum Einsatz, die sowohl Patientensicherheits- und Qualitätsstandards sowie die Abwägung von Nutzen und Risiken medizinisch-pflegerischer Intervention als auch die Vermeidung von klinischer und pharmakologischer Überbehandlung und Langzeitschäden umfassen. Ziel ist es, in der komplexen, vielschichtigen und mitunter existenzgefährdenden Patientenversorgung, in der Nutzen und Risiko ständig gegeneinander abgewogen werden müssen, das Patientenwohl sicherzustellen, zu schützen und zu fördern.
Beispiele für gesellschaftliche Werte
- Autonomie
- Selbstbestimmung
- Gerechtigkeit
- Chancengleichheit
- Transparenz
- Nachhaltigkeit
Leistungsniveau und Versorgungssicherheit können ebenfalls ethische Konflikte hervorrufen, insbesondere wenn es um Entscheidungsabwägungen zwischen Qualität, Kosten, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit geht.
Medizinisch-pflegerische Dilemmata
Im Krankenhaus treten im Miteinander der Mitarbeiter und zwischen verschiedenen Fachdisziplinen aufgrund organisatorischer Lücken, professionsbezogener Anforderungen oder persönlicher Überzeugung regelmäßig Spannungen auf. Hieraus ergeben sich oftmals medizinisch-pflegerische Dilemmata und Konflikte, die oft komplexe ethische und berufliche Herausforderungen mit sich bringen. Das Spektrum reicht hierbei von Unterschieden zwischen ärztlicher und pflegerischer Expertise sowie mangelndem Respekt zwischen den Berufsgruppen über Konflikte zwischen beruflicher Verpflichtung und familiären Bedürfnissen sowie berufsgruppenübergreifende Hierarchiekonflikte bis zu Umgang mit medizinisch-pflegerischen Fehlern sowie der Einhaltung von Hygiene- und Sicherheitsprotokollen bzw. -berichtswesen. Diese Dilemmata erfordern sowohl individuelle Sensibilität als auch strukturelle Lösungen, die durch eine ethisch-fundierte Organisationsführung bzw. Governance sowie Vertrauen zwischen den Berufsgruppen gestärkt werden sollen.
Bereitstellung von Ressourcen
Nicht nur aus organisatorisch-wirtschaftlicher Sicht stellt die Bereitstellung erforderlicher Ressourcen am Point-of-Use bzw. Point-of-Care wichtige Bereiche in der Krankenhausversorgung dar. Einkauf, Logistik und Facility Management spielen auch bezüglich ethisch-moralischer sowie wertegetriebener Themenstellungen eine zentrale Rolle. Leistungsniveau und Versorgungssicherheit können ebenfalls ethische Konflikte hervorrufen, insbesondere wenn es um Entscheidungsabwägungen zwischen Qualität, Kosten, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit geht.
Das Spektrum möglicher Gegensätze reicht von Interessenkonflikten in Verbindung mit der Auswahl von Lieferanten bzw. Produkten über die Priorisierung von Lieferungen und Ressourcenverteilung sowie globalen Sourcing-Strategien und ausdifferenzierten Entsorgungspraktiken bis zu Kostenoptimierung in Relation zu Qualitätsniveau medizinischer Produkte. Es wird deutlich, dass ethische Fragestellungen nicht nur auf die klinische Versorgung beschränkt sind, sondern in allen operativen Bereichen und unterstützenden Funktionen relevant sind.
Corporate Social Responsibility
Durch die zunehmende Bedeutung der Qualität der Leistungserbringung, der Optimierung der Ressourceneffizienz und der Stärkung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die jeweilige Krankenhausversorgung treten verstärkt die Integration nachhaltiger und ethisch-vertretbarer Geschäftsentscheidungen, die sowohl ökonomische wie auch soziale und ökologische Belange berücksichtigen, in den Blickpunkt strategischer Führungsentscheidungen. Ein zentraler Gestaltungsansatz ist hierbei die Corporate Social Responsibility (CSR) bzw. die gesellschaftliche Unternehmensverantwortung im Krankenhaus. Dabei gilt es, auch in den Bereichen Einkauf, Logistik und Facility Management CSR-Strategien zu verfolgen und umzusetzen.
Zielsetzung ist es, eine Balance zwischen Qualität, Kosten, sozialer Verantwortung und Umweltschutz zu schaffen. Die Umsetzung erfolgt durch eine Kombination von nachhaltigen Richtlinien (z. B. nachhaltige Beschaffungsrichtlinien), Audits (z. B. ISO 14 001 Nachhaltigkeitsaudits und -Zertifikate), Lieferantenauswahl (z. B. Lieferantenkodex,) und Schulungen (z. B. Ethik- und Compliance-Programme). Diesbezüglich tragen Indikatoren, wie CO2-Emissionen, Transparenzindex und Recyclingquoten, dazu bei, dass ethische Standards eingehalten, Fortschritte gemessen sowie Verfahrensweisen weiterentwickelt werden.
Wertemanagement
In diesem Zusammenhang kommt dem Wertemanagement sowohl im Krankenhaus als auch in Einkauf und Logistik eine zunehmende Aufmerksamkeit und Bedeutung zu. Wertemanagement umfasst dabei die systematische Entwicklung, Förderung und Integration von ethischen Grundsätzen und gesellschaftlichen Werten (z. B. Autonomie und Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und Chancengleichheit, Transparenz und Nachhaltigkeit) in die Unternehmenskultur, Leistungserbringung und Entscheidungsfindung im Krankenhaus. Ziel ist es, dass alle Zielsetzungen, Aktivitäten, Prozesse und Strategien mit den grundlegenden Werten der Organisation sowie ethischen Standards und gesellschaftlichen Anforderungen im Einklang (Compliance) stehen und eine transparente und fördernde Wirkung auf die Einstellungen und das Verhalten der Mitarbeiter sowie die Außenwirkung haben.
Eine klare Kommunikation, Kooperation und langfristige Planung sind hierbei der Schlüssel, um dieses Spannungsfeld erfolgreich zu navigieren.
Im Dreiklang zum Ausgleich
Die rechtlich-ökonomische Ausrichtung (z. B. Vermeidung von Folgekosten von Pannen und Unfällen, Verbesserung des eigenen Images) und die Werte- und Ethik-Orientierung (z. B. nachhaltiger Ressourceneinsatz, Patienten- und Mitarbeiterwohl) im Krankenhaus sind oft unterschiedlich gelagert, aber nicht unvereinbar. Während die rechtlich-ökonomische Perspektive auf Kosten, Effizienz und die Einhaltung von Vorschriften fokussiert ist, steht bei der ethischen Perspektive das Wohl der Patienten sowie Mitarbeiter und moralische Prinzipien im Vordergrund. Durch eine integrative Herangehensweise, die beide Dimensionen miteinander in Einklang bringt, können Krankenhäuser sicherstellen, dass sie sowohl wirtschaftlich stabil als auch ethisch verantwortungsvoll agieren. Eine klare Kommunikation, Kooperation und langfristige Planung sind hierbei der Schlüssel, um dieses Spannungsfeld erfolgreich zu navigieren.





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