KlinikeinkaufDie Diskrepanz zwischen Anforderung und Know-how

Was muss ein Klinikeinkäufer können? Welche Kompetenzen fehlen? Und wie bewerten Klinikgeschäftsführer die Qualifikationen in den Einkaufsabteilungen ihrer Klinik? Die Online-Umfrage von Consus Clinicmanagement zeigt, welche Diskrepanzen es zwischen Anforderungen, Ausbildung und Fortbildungen aktuell gibt.

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Umfrageergebnisse
Consus Clinicmanagement
Online-Umfrage zum Thema Klinikeinkauf.

Durch den immensen Kostendruck in deutschen Krankenhäusern und dem damit einhergehenden wachsenden Bedarf an Sachkostenmanagement und Portfolio-Optimierung ist speziell der Einkauf der Kliniken gefordert. Damit stellt sich die Frage, ob verantwortliche Klinikeinkäufer über die notwendigen Kompetenzen verfügen, diese Aufgaben zu bewältigen. Neben Skills im Projektmanagement, wirtschaftlichem und unternehmerischem Denken sowie Moderationsgeschick und Konfliktmanagement, sollte ein Einkäufer über medizinisches Basiswissen und über Kenntnisse im indikationsgerechten Einsatz von Medizinprodukten verfügen. Dies sind essenzielle Fähigkeiten für die Bewertung von Qualität und Substituierbarkeit in der Sortimentsstandardisierung, für die Akzeptanz von Einkaufsentscheidungen sowie die konstruktive Zusammenarbeit mit den Anwendern.

70 Prozent der Einkäufer haben eine kaufmännische Ausbildung

An der Consus-Umfrage nahmen insgesamt 74 Klinikmitarbeiter teil – 57 Einkäufer und 17 Geschäftsführer. Die befragten Einkäufer verfügen größtenteils über langjährige Erfahrung im Klinikeinkauf, nur etwa 14 Prozent der Befragten sind weniger als drei Jahre im Klinikeinkauf tätig. Im Mittelpunkt der Umfrage standen die berufliche Ausbildung und die Kenntnisse der Klinikeinkäufer. Gerade vor dem Hintergrund des steigenden Kostendrucks sollte der Einkauf aus der operativen Defensive heraustreten und strategische Entscheidungen vorantreiben können. Schließlich verantwortet er teilweise ein Einkaufsvolumen in zweistelliger Millionenhöhe und sichert die gesamte kaufmännische Abwicklung der Versorgungsprozesse einer Klinik. Dabei übernimmt der Einkäufer sowohl die Moderation und Steuerung zwischen den verschiedenen Abteilungen als auch das fachliche und zielgerichtete Lieferantenmanagement. Kenntnisse in der Medizin und Pflege sind dabei besonders vorteilhaft.

Neben Produktkenntnissen und deren Einsatzmöglichkeiten sowie Kenntnisse der Medizintechnik-Branche sollte ein Einkäufer klinikinterne Zusammenhänge und Abläufe verstehen. Nur so kann er richtige Entscheidungen treffen und bei Produktumstellungen mit den Anwendern auf Augenhöhe diskutieren.

Laut der Umfrage haben 70 Prozent der Befragten eine kaufmännische Ausbildung. 63 Prozent davon verfügen zwar über eine oder mehrere Zusatzausbildungen, allerdings nicht in den Bereichen medizinische oder pflegerische Prozesse oder Medizinprodukte. Vermutlich fehlt somit in den Einkaufsabteilungen oftmals der entscheidende Wissensbaustein für eine effiziente Zusammenarbeit mit dem medizinischen und pflegerischen Personal. Die befragten Mitarbeiter selbst bewerten das medizinische Basiswissen (72 Prozent) und Kenntnisse im indikationsgerechten Produkteinsatz (55 Prozent) auch als besonders relevant für ihre tägliche Arbeit.

Die Einkäufer fühlen sich offensichtlich ausreichend qualifiziert, um den Anforderungen an den Klinikeinkauf gerecht zu werden. 91 Prozent gaben an, für ihre tägliche Arbeit gut bis optimal ausgebildet zu sein. Die befragten Geschäftsführer schätzen dies allerdings anders ein: 9 von 10 Geschäftsführern fehlt in ihren Einkaufsabteilungen die erforderliche Kompetenz. 82 Prozent sehen Defizite im Bereich des medizinischen Basiswissens und 76 Prozent vermissen Verhandlungs- und Kommunikationsstärke.

Demnach, so könnte man vermuten, würden die Geschäftsführer die notwendigen Zusatzausbildungen für den Wissensaufbau auch unterstützen. Allerdings ist jeder vierte Geschäftsführer nicht bereit, den von ihm selbstgeschätzten und von den Mitarbeitern gewünschten Fortbildungsbedarf zu finanzieren.

Eine weitere Diskrepanz zeigt sich in der Frage, ob und wie Verantwortlichkeiten im Einkauf geregelt sind. Für 71 Prozent der Geschäftsführer sind diese nicht klar definiert. Bei den Einkäufern bemängeln dies 60 Prozent. Folgend müssen notwendige Aufträge oder Beschlüsse häufig erst diskutiert werden, wodurch sich Entscheidungen erheblich verzögern können.

Oft fehlt die Unterstützung der Geschäftsführung

In vielen Kliniken liegen die Entscheidungen im Beschaffungsprozess noch zu oft und meist ausschließlich in den Händen der medizinischen oder pflegerischen Anwender. Um den Einkauf als einen strategischen Partner innerhalb des Unternehmens zu stärken, bedarf es der Unterstützung der Geschäftsleitung. Die Umfrage ergab jedoch, dass bei etwa der Hälfte der Kliniken die Einkaufsabteilung keine aktive Unterstützung durch die Geschäftsführung gegenüber den medizinischen Anwendern bei der Umsetzung von Produktentscheidungen erfährt.

Hingegen bewerten rund 70 Prozent der befragten Geschäftsführer ihre Unterstützung der Einkaufsabteilung als gut bis sehr gut. Dieser vergleichsweise hohe Prozentsatz bedeutet aber zugleich, dass fast jeder dritte befragte Geschäftsführer angibt, seine Einkäufer nicht aktiv gegenüber medizinischen Anwendern zu unterstützen.

Für einen strukturierenden und strategischen Einkauf braucht es jedoch den Rückhalt und die Unterstützung der Geschäftsführung und der kaufmännischen Direktion. Dafür ist ein großes Maß an Vertrauen seitens der Unternehmensleitung aber auch ein ausgeprägtes Know-how des Einkaufs unabdingbar. Je früher der Einkauf in strategische Prozesse eingebunden ist, desto erfolgreicher kann das wirtschaftliche Ergebnis bei gleichbleibender medizinischer Qualität sein.

Die unklaren Verantwortlichkeiten und nach eigenen Angaben meist fehlenden Kompetenzen, können Ursache dafür sein, dass zwei Drittel der Geschäftsführer unzufrieden mit der Performance ihrer Einkaufsabteilung ist. Diese Unzufriedenheit vermuten 41 Prozent der Geschäftsführer auch in ihren Einkaufsabteilungen. Hingegen geben mehr als 70 Prozent der Einkäufer an, mit ihrer Arbeit zufrieden zu sein. Dabei stellt sich die Frage, welche Faktoren die Mitarbeiterzufriedenheit im Klinikeinkauf so positiv beeinflussen. Ist es das Arbeitsumfeld? Oder die Sinnhaftigkeit und Vielfältigkeit der Aufgaben? Fallen aufgrund dieser Aspekte der Mangel an Unterstützung durch die Geschäftsführung, die fehlenden Fortbildungen, aber auch die von 71 Prozent der Mitarbeiter regelmäßig zu leistenden Überstunden nicht ins Gewicht?

Vernetzung innerhalb der Organisation

Grundsätzlich muss klar sein, dass der Klinikeinkauf trotz aller Fachlichkeit und der Entwicklung eines besseren medizinischen Verständnisses nie die spezifische Expertise eines Arztes oder einer Pflegekraft ersetzen kann.

Der Einkauf muss sich als kompetenter Vermittler zwischen Anwender, Geschäftsführung und Industrie verstehen und darf dabei die Kommunikation aber auch Konfrontation nicht scheuen. Wer im ständigen Dialog mit dem Anwender bleibt und die Unterstützung und Rückendeckung durch die Geschäftsführung erfährt, wird seine Akzeptanz steigern und kann besser nachhaltige Entscheidungen treffen. Eine kontinuierliche fachliche Weiterbildung ist für die erfolgreiche Arbeit ebenso entscheidend. Hierfür muss die Geschäftsführung dann aber auch die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen. Nur durch Fachwissen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Augenhöhe kann ein guter und erfolgreicher Klinikeinkauf funktionieren.

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