
Fragiler gewordene Lieferketten zwingen Hersteller und Anwender von Medizintechnik dazu, Transportwege und Prozesse unter die Lupe zu nehmen und nach Optimierungsmöglichkeiten zu suchen. Die zahlreichen Krisen der vergangenen Jahre – von der Pandemie mit ihren Shutdowns bis zur jüngsten Energiekrise in Folge des Ukraine-Krieges – haben den Druck auf die Logistikteams erhöht, die Nachschubversorgung widerstandsfähiger gegen äußere Einflüsse zu machen.
Darüber hinaus gehören ein chronischer Mangel an LKW- und Frachtkapazitäten inzwischen ebenso zum Alltag der Transportverantwortlichen wie Wetterkapriolen und die chronische Überlastung der Straßen mit Staus, Sperrungen und Blockaden. Die Lieferung eines Produkts vom Werk über das regionale Verteilzentrum bis an den Ort, an dem es gebraucht wird, kann sich so schnell um Tage verlängern, ohne dass Hersteller oder Empfänger etwas dafür können.
Versorgungsqualität erhöhen
Vor diesem Hintergrund steigt die Bedeutung von Konsignationslagern, welche die Medizintechnikindustrie schon seit vielen Jahren bei wichtigen Kunden einrichtet und managt. Die Krankenhäuser stellen den Platz zur Verfügung – in unserem Fall möglichst in der Nähe der OPs. Bestückung und Pflege einschließlich regelmäßiger Inventuren übernehmen die Hersteller.
Entnommene Produkte werden erst bezahlt, wenn sie verbraucht wurden. Wird ein Artikel aus dem Lager entnommen, wird er sofort nachbestellt. Zwischen 40 und 50 Produkte hält Edwards in der Regel in einem Konsignationslager vor, vom Trikuspidal-Reparatursystem bis zur Transkatheter Aortenklappe.
Konsignationslager erhöhen die Liefersicherheit und leisten so einen wichtigen Beitrag für die Versorgungsqualität.
Weil sie die Ware erst bezahlen müssen, sobald sie diese wirklich einsetzen, reduzieren sich für die Kliniken Kapitalbindung und Investitionsrisiko. Konsignationslager erhöhen die Liefersicherheit und leisten so einen wichtigen Beitrag für die Versorgungsqualität. Kurzfristige Unterbrechungen der Lieferkette werden vermieden. Die Verfügbarkeit verbessert sich, vor allem bei Notfällen. Die Flexibilität steigt, individuelle Anpassungen sind ohne größeren Vorlauf möglich.

Allerdings müssen die Krankenhäuser die Entnahme eines Artikels zunächst melden. Wie gut die Nachschubversorgung funktioniert, hängt also nicht zuletzt auch an der Qualität der krankenhausinternen Prozesse. Personalnot und eine häufige Fluktuation auf beiden Seiten erschweren das reibungslose Schnittstellen-Management mitunter. Dennoch profitiert die Zusammenarbeit von dem mit der Einrichtung von Konsignationslagern verbundenen Erfahrungsaustausch.
Risiko auf der Seite der Industrie
Für die Hersteller ist die Unterhaltung der Warenlager vor Ort grundsätzlich aufwendiger und teurer als der Betrieb einiger weniger großer Zentrallager. Konsignationslager müssen durch die Sales-Mitarbeiter individuell gepflegt werden. Dadurch steigt der Personalaufwand, Ressourcen werden gebunden. Weil die Ware bis zum Verbrauch Eigentum des Herstellers bleibt, ist dieser auch bis zuletzt dafür verantwortlich. Kosten und Risiken – etwa wenn Produkte verfallen – haben sich sukzessive auf die Industrie verlagert. Gleichwohl haben auch viele Klinikmitarbeiter auf den Stationen zunehmend den Eindruck, dass sich der organisatorische Aufwand in den vergangenen Jahren extrem erhöht hat. Auch Bestellprozesse sind aus ihrer Sicht komplizierter geworden.
Die elektronische Übermittlung von Artikelordern reduziert zwar den Zeitaufwand für Telefonate oder Faxe. Das ist ein großer Vorteil. Trotzdem sind diese automatisierten Prozesse noch nicht perfekt. Je strukturierter und standardisierter die Bestellvorgänge, umso schneller und weniger fehleranfällig sind sie, die Prozesskosten sinken. Hier haben wir noch lange nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft.
Digitalisierung gegen Schnittstellenprobleme
Softwaregestützte Bestellprozesse und der Einsatz von RFID-Technik für ein automatisches Bestandstracking bergen einiges Innovationspotenzial. Spezielle Schränke ermöglichen automatische Nachbestellungen, eine laufende Inventur der Bestände und erleichtern den kontrollierten Zugriff. Andere Systeme funktionieren über spezielle Nachschub-Boxen. Krankenhausmitarbeiter entnehmen bei dieser Methode die benötigten Teile und senden die Box an den Hersteller zurück. Dort wird die Box durch ein Lesegerät geschoben und die entnommenen Artikel identifiziert, ersetzt und verrechnet.
Leider finden sich die Vorreiter für die Nutzung dieser innovativen Technik, wie so häufig, wenn es um Digitalisierungsvorgänge im Krankenhaus geht, mehrheitlich nicht in Deutschland.
Leider finden sich die Vorreiter für die Nutzung dieser innovativen Technik, wie so häufig, wenn es um Digitalisierungsvorgänge im Krankenhaus geht, mehrheitlich nicht in Deutschland. Die notwendigen Infrastruktur-Investitionen sind oft nicht zu stemmen. Deutschland hinkt an dieser Stelle rund 20 Jahre hinter Innovationschampions aus dem (europäischen) Ausland hinterher.
Es reicht nicht, digitale Lösungen zu installieren, man muss ihnen auch über den Weg trauen.
Es ist aber nicht nur eine Frage überstrapazierter Digitalisierungsbudgets. Hindernisse tun sich nicht zuletzt auf in der Anpassung interner Abläufe und der Bereitschaft, der Technik tatsächlich die Verantwortung für Standardroutinen zu übertragen. Es reicht nicht, digitale Lösungen zu installieren, man muss ihnen auch „über den Weg trauen“.




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